Letzter Tag in Taganga. Ich stand so um 07:00 auf, verabschiedete mich noch von Fynn, der mit dem Motorrad weiter nach Süden düste und ging, ganz ohne Frühstück, in die Richtung Playa Grande. In der Früh ist eine ganz angenehme Stimmung in Taganga, alles so relaxt, die Sonne brennt noch nicht, das Licht ist weich, die Tagangueros bauen ihre Geschäfte auf, Die Tauchschulen fahren mit ihren alten Jeeps ihre riesigen Boote zum Wasser. Nur der Wind ist etwas ungnädig, mit seinen wütenden böigen Angriffen, immer wieder und wieder. Oft völlig unerwartet, nach längeren Pausen. Oft hatte ich Angst, dass mein Notebook weggeblasen würde, wenn ich manchmal damit auf dem Balkon oder Dach des Hostels gesessen bin, so heftig waren die Böen.
Ich ging erst direkt runter zum Strand, dann nach Norden in Richtung Klippen. Der Weg rüber zum Playa Grande wurde inzwischen besser ausgebaut. Fast schon wie ein Treppenhaus geht es die ersten steilen Felsen zu den Klippen hoch. Da musste man früher regelrecht klettern. Der Wind rüttelte ganz schön heftig an mir rum und ich hätte mir gewünscht, doch vorher ein Frühstück zu nehmen, weil ich nicht gerade vor Energie strotzte. Aber wiegesagt, die Sonne war noch gnädig so früh am Morgen und es gab auch noch viel Schatten. So circa 20 oder 25 Minuten braucht man. In der Früh ein schöner Weg, am Anfang recht ausgesetzt über den Klippen, mit einer fantastischen Sicht auf Playa Taganga.
Dann ging es ein kleines Tal runter in die erste Vor-Bucht vor Playa Grande, wieder hoch auf einen noch schöneren Aussichtspunkt mit einem kleinen Häuschen und schließlich, an den neuen Hotels vorbei, eine lange Treppe runter zum Playa Grande. Getrübt wurde der schöne Weg durch eine unglaubliche Mende an Plastiktüten und Unrat, der in den Bäumen, Kakteen und am Boden neben dem Weg lagen, so dass ich ernsthaft darüber nachdachte, welchen Erfolg wohl eine Initiative hätte, um Freiwillige zu finden, die mit mir diesen Unrat beseitigen. Prinzipiell scheint sich das Bewusstsein diesbezüglich doch zu verbessern, das kann man schon spüren.
Die Restaurantbetreiber vom Playa Grande machten gerade Großaufräumungsaktion für den neuen Tag. Es war Samstag und sicher würde es einen gewaltigen Besucheransturm geben. Aber so früh ist noch nix los, die Liegestühle noch leer und praktisch keine Gäste am Strand. Also, wenn Playa Grande, dann ganz früh, da ist es wirklich noch schön da. Die Hunde liegen gelassen rum, wohl wissend, dass die futterspendenden Gäste, die sie mit ihren traurigen Augen umgarnen können, ganz sicher noch kommen.
Ich ging nicht weiter und sparte mir die kleinen folgenden Strände, weil ich merkte dass ich wenig Energie habe, vermutlich wegen dem fehlendem Frühstück, oder weil ich noch nichts getrunken hatte. Also ging ich ganz gemütlich wieder zurück, lies mich von einigen Tagangueros überholen, da ich die Geschwindigkeit einer Tortuga hatte… egal. Das baldige Frühstück motivierte mich und in Cabina 6 war tatsächlich schon Action. Und es gab auch Frühstück. Tostones und Rührei mit Zwiebeln, die ich extra dazu orderte. Auch einen leckeren Saft, der vom Stand hinter dem offenen Restaurant kam. Die arbeiten da alle zusammen. Da es dort gutes Internet gab, verweilte ich noch ein wenig dort, gönnte mir einen zweiten Saft, bis die neuen Fotos alle auf der Dropbox hochgeladen waren.
Später fuhr ich noch nach Santa Marta, weil (wie immer bei mir) der Geldautomat in Taganga nicht, oder gerade nicht, funktionierte. Ich probierte es zweimal an diesem Tag, ohne Erfolg. Aber am nächsten Tag, am Sonntag, das werde ich Bargeld für den Bus benötigen. Also musste ich Geld an einem Automaten in Santa Marta ziehen und da gibt es wirklich genügend. War nur kurz da, kaufe mir auch eine (sauteuere) zusätzliche Telefonkarte und fuhr gleich wieder zurück. Dann noch, nach elend langen hochladeversuchen der Fotos, weil Internet gerade bockig ist, noch ein wenig Taganga-Beach. Da war gerade Carnaval, aber es fielen mir zu viele rotzbesoffene Jungster rum und ich wurde auch ständig um Geld angesprochen. Daher verzog ich mich auf ein gemütliches und gepflegtes Abendbier zur Palenque-Familie, circa Kiosko Nr. 3 oder so. Kaufte dann für Enzo, dem supersympathischen Argentinier an der Rezeption des Hostels noch ein paar Bier. Denn da schien der schon drauf zu stehen, habe ich heute gemerkt. Ein recht relaxter Abend, wobei zu bemerken ist, dass in und um Kiosko Nr. 3 (circa) es schon immer recht wimmelt von gewerblichen Frauen. Das war zumindest mein Eindruck. Kein Problem ansich, aber klar, die wollen ihr Geschäft machen und ich da nicht Teil des Geschäfts sein. Das schafft eine gewisse Grundspannung und hilft nicht unbedingt zu einer relaxten Atmosphäre.
Mit dem Enzo (Verwalter des Hostels) hatte ich dann bei meiner Rückkehr noch einen interessanten Ratsch. Enzo bestätigte mir, dass die meisten Gäste so an ihm „vorbeifliegen“, weil sie nur einen oder wenige Tage bleiben. Da prägt sich auch kein tendenziell nachhaltiger Eindruck. Mir ist heute eine ähnliche Erfahrung bewusst geworden. Nach einer Woche erkennt man die „mecanica“ an einem Ort. Man sieht was wie läuft, wenn man hinguckt. Man erkennt Leute wieder, wird selbst identifiziert, erkennt die Rollen der Leute, kann die fremden Menschen immer besser einschätzen, es bauen sich Beziehungen auf. Man wird freundlich begrüßt, man kann langsam einschätzen, wie das Verhältnis der verschiedenen Personen zueinander ist. Man fühlt sich als auch Gast so langsam sicher, weil man die Leute kennt. Es wird alles vertrauter, angenehmer, entspannter.
Aus dem Hintergrund wummerte Bum Bum Bum-Musik (Elektro) mit Balkan-Einflüssen. Das scheint jetzt auch in Taganga en vogue. Aber nicht nur. Vom Son bis Vallenato ist heute, am Sanstag, wirklich alles vertreten. Die Menschen sitzen draußen vor ihrem Haus und trinken mit den Nachbarn und Freunden ein gepflegtes Bier, oft mit lauter Musik im Hintergrund. Recht angenehm und relaxte Grundstimmung. Da kann man den Samstagabend, den FEIERabend, so richtig spüren. Bei uns gibt es sowas schon nicht mehr. Vielleicht früher in den Biergärten und Wirtschaften, vielleicht heute noch in Giesing 🙂 Vielleicht eher im Sommer.