OK, so langsam wurde es wirklich Zeit, dass ich doch meinen Arsch hier hochbekomme. Daher machte ich mir ernsthafte Gedanken, wie es denn weitergehen sollte mit der Reise. Es gab ja verschiedene Möglichkeiten und ich hätte problemlos noch 1 oder 2 Wochen hier in Tolú verbummeln können. Aber ich wollte weiter, in Richtung Pazifikküste. Dabei stellte sich die Frage, gleich von Tolú aus hoch nach Medellín, oder erst noch weiter die Küste in Richtung Südwest entlang. Ich entschied mich für weiter die Küste lang und buchte gleich für Sonntag (damit MUSSTE ich Sonntag weg) ein Hostel in Arboletes. (El Faro Arboletes) Dann, nach drei Übernachtungen, gleich weiter nach Necocli für zwei Übernachtungen. Von Necocli aus hätte ich dann drei Möglichkeiten. Hoch nach Medellín, rüber nach Capurganá, an die Grenze zu Panama, oder rüber nach Triganá, was ungefähr 40-50 km unterhalb in südlicher Richtung liegt. Ich tendiere momentan zu Triganá, weil da weniger los zu sein scheint. Ich meine wirklich sehr wenig. Die Bilder über Google sind unglaublich schön, es muss ein herrlicher Wald da sein und ich liebe die Geräusche des mittelamerikanischen Dschungels. Da könnte ich endlich meine Soundaufnahmen machen, damit ich den Rekorder nicht unnütz mitgeschleppt habe und endlich ein wenig in den Wald gehen. Vor allem nachts ist das jedes Mal ein unglaubliches Erlebnis. Die sehr spezielle fremde und doch so vertraute Geräuschkulisse aus den unterschiedlichsten und für mich nur schwer zuordenbaren Quellen, der Geruch, das spezielle Gefühl das in mir hochsteigt. Fast wie ein „Nachhause kommen“ komischerweise, es ist mit keinerlei unangenehmen Gefühlen verknüpft, es ist alles vertraut und nahe. Es ist nur schön.
So sieht es aus. Es geht weiter!
Vielleicht noch ein paar Worte zu Tolú. Das ist ein wirklich sehr sympathisches kleines Städtchen, das während der Woche sehr zu empfehlen ist. Da befindet es sich in einer Art von Dornröschenschlaf. Aus diesem Schlaf wachte es heute Stück für Stück auf. Immer mehr Menschen kamen an, teils mit Bussen, teils mit Autos, auch die kleinen Flugzeuge des nahen Flughafens waren mehrmals zu hören. Vor allem aber rüstete die Gastro auf, daran war der bevorstehende Ansturm am besten zu erkennen. Da kamen die wirklich dicken LKWs mit Biernachschub. Und da wurden beeindruckende Mengen an Bierkästen ausgeräumt, was erahnen lies, was hier in Tolú am Wochenende wohl los sein würde. Ich bereute meine Entscheidung ein wenig, bis Sonntag hierzubleiben.
Erwähnenswert ist vielleicht noch das recht leckere Mittagessen, ein Bohnen-Cazuela im kreolischen Stil, mit Schweinefleisch, Mango, gerösteten Zwiebeln und Avocado wenn ich mich nicht täusche. Dazu, auf einem extra Teller Reis, Salat und zwei Arepas. Einfach nicht zu schaffen diese Portion…
Auch erwähnenswert ist der Abend, an dem ich erst ziellos durch den kleinen Ort streifte, dann an der „Strandpromenade“ in aller Ruhe ein Bier trank und schließlich, so gegen 21:00 bereits wieder zurück in Richtung Hotel zog. Es war noch gar nicht sooo viel los auf den Straßen, immer noch eher ruhig. Hatte ich mir anders vorgestellt. Aber es hatten viel mehr Geschäfte und Kneipen offen und warben um Kunden. Ich war schon am Hotel, da hörte ich aus der anderen Richtung alte Salsas und dachte mir, ok, da setzt ich mich noch ein wenig an den Strand davor und genieße die Musik. Es war eine etwas traurige Diskothek, denn, der einzige Besucher war ich. Der Besitzer saß vor dem Gebäude, die grell blinkenden Lautsprecher waren nach außen gerichtet, so dass sie die Straße und den Strand gut beschallten. Ich sprach den Besitzer an, ob er mir ein Bier verkaufen würde. Sofort stand ein (leider lauwarmes) Bier vor meiner Nase und ich kam mit dem Besitzer ein wenig ins Ratschen. Er erzählte, dass er gerade diese Salsateca hier in Tolú etablieren wolle und wie schwer das sei. Dass ihm noch eine Lichtanlage abgehe, um die Leute anzulocken. Sein Problem ist eher die Lage, dachte ich mir. Aber er war ganz zuversichtlich. Wir sprachen viel über die alten Meister, die Soneros von Cuco Valoy bis Dimension Latina, von Johnny Pacheco bis Jose Alberto. Auch dass er einen super berühmten Musiker als Bruder hätte, aber den Namen habe ich leider wieder vergessen. Er komponiert auch und führte mir eines seiner fertig arrangierten und im Studio aufgenommenen Lieder vor und ich muss zugeben dass ich schwer beeindruckt war, denn, das war kein Abklatsch von irgendwas, sondern das war ein ganz spezieller und eigener komplexer und inspirierter Stil. Super interessanter Abend. Ich blieb sogar auf ein zweites lauwarmes Bier und Jaime lud mich für den nächsten Tag um 13:00 Uhr zum Mittagessen ein. Das freute mich einerseits, andererseits bin ich mit dem Essen, bei Leuten die ich noch nicht kenne, manchmal so ein wenig „sperrig“. Und Jaime hat eine etwas „haifischige“ Ausstrahlung, die ihm vermutlich von früheren Zeiten nachhing. Und er erzählte da auch so manches…
Aber ich sagte zu und sollte es nicht bereuen!