Das wird diesmal eine laaaaange Geschichte…. In der Früh um 06:30 wachte ich automatisch auf, das Wetter war hervorragend, es sprach absolut nichts gegen den 2stündigen Fußmarsch nach Termales. Ich packte die wichtigsten Dinge ein + eine Flasche Wasser, die ich mir extra aufgehoben hatte. Schon ging es los, die Nebelschwaden hingen noch ganz malerisch in den schwarzen Felsen am Strand und waberten vom Wald auf das Meer. Das Wasser stand tief, es war Ebbe. Der Weg war leicht, die Sonne versteckte sich noch hinter ein paar Wolken, schaffte ein zauberhaftes Licht. Nur ein Stück war der Weg ein wenig schwieriger zu finden, weil, es gab an dieser Stelle keinen Strand. Nur Felsen. Der Weg ging an einem dieser edlen Unterkünfte vorbei und eigentlich hätte ich mich nur nach dem Ratschlag eines der Leute, die ich in Guachalito fragte, halten müssen. „Immer den Strand entlang“. Denn, wäre ich die ganze Zeit bis zum Schluss am Strand unten geblieben, dann wäre es leicht gewesen den Weg zu finden. So irrte ich ein wenig durch die Häuser der Lodges. Aber, im Endeffekt war s doch leicht zu finden. Es ging immer weiter und weiter, vorbei an so mancher recht edlen Unterkunft, die trotzdem meist nur in Holz oder Bambus gehalten waren. An einer Insel vorbei, die jetzt bei Ebbe zu Fuß erreichbar war. Da eröffnete sich ein riesiger Strand, kilometerlang, beeindruckend, von faszinierender Größe!
Diesen riesigen und breiten Strand ging es weiter entlang, die zweite Hälfte des Weges bis Thermales. Vom Wald her flossen viele Bäche mäandernd ins Meer. Da begegnete ich dem gleichen Kolumbianer, dem ich am Hafen vor ein paar Tagen fragte, woher er den Wasserschutz für sein Handy hatte und er mir erklärte, wo das Geschäft ist. Er erkannte mich sofort wieder, wir begrüßten uns freundlichst. Ich erzählte ihm was ich in Thermales vorhatte. Er gab mir den Tipp mit Mirella, da wohnte er und dahin sollte ich mich durchfragen. Aber ich wollte lieber zur La Sirena Negra, allein schon wegen Andres, es war schließlich sein Tipp und ich vertraute da voll auf ihn, was sich sehr bewähren sollte. Ich ging weiter und fragte mich durch bis zur La Sirena Negra, was nicht schwer war. Ich wurde recht herzlich empfangen von einem Gast (Antonin aus Bogotá), dem ich erstmal die ganze Geschichte erzählte, warum ich speziell zu „La Sirena Negra“ wollte, woher ich sie kenne und alle Details. Antonin hörte sehr interessiert zu, sagte dann, dass er auch nur ein Gast wäre. Alle lachten wir schallend. Mir war es aber schon ein wenig peinlich. Sie selber war nicht da, aber, ich bekam ein leckeres Frühstück serviert und zwei Kaffee. Antonin meinte, ich solle doch mit auf die Tour zu den Wasserfällen oben im oberen Regenwald kommen („Los Quatros Encantos“), die er gerade plante. Damit würde die Tour für ihn günstiger. 2 Stunden hin und 2 Stunden zurück. Naja, dachte ich mir, bin bereits 2 Stunden gegangen und muss hinterher wieder über 2 Stunden gehen. Dann, es geht im Wald recht steil bergauf und die Luftfeuchtigkeit. Habe auch keine richtigen Schuhe und wie das ist mit den Schlappen im Regenwald, das hatte ich ja schon erfahren in Triganá mit dem Curandero Thomas. Davon kann ich jedem NUR ABRATEN! Aber ich sagte zu, denn, wer konnte wissen, ob sich so eine Möglichkeit so schnell wieder ergab. Schon ging es los. Der Führer, Ruben, rüstete mich glücklicherweise erstmal mit Gummistiefeln aus, ich kaufte mir noch schnell Socken, weil, die Stiefel waren zu groß. Ohne Socken hätte ich das auch nicht gepackt die ganze Strecke über 4 Stunden. Vermutlich wären nach 1-2 Stunden die Füße total wundgescheuert gewesen. Dann bekamen wir noch einen sehr stabilen Stock, den wir definitiv auch brauchten und schon ging es los. Es war so 09:00 Uhr und ich hatte für diesen Tag bereits recht viel erlebt, durch die Strandwanderung, aber jetzt sollte es erst so richtig losgehen.
Der Weg ging an den Thermalquellen vorbei (keiner war im Wasser) und wurde dann relativ schnell recht steil. Antonin und Ruben, zwei „junge Hupfer“, waren immer vor mir, und ich wollte keinen Abstand aufkommen lassen, da brach mein Ehrgeiz voll durch. Also hielt ich ihr Tempo. Die Schwüle des feuchten Regenwalds, der steile Aufstieg, meine schlechte Kondition und der bereits 2stündige Fußweg hinter mir, dass alles konnte ich übersteuern durch meinen Willen und hielt tatsächlich gut mit. Aber nach circa 45 Minuten war die erste Pause angesagt, signalisiert durch eine roh gezimmerte Bank, die irgendjemand hier baute oder hochschleppte. Ich war so fertig, benötigte mindestens 5 Minuten, um wieder halbwegs vernünftige Luft zu bekommen und kämpfte darum, das Frühstück, das ich gerade erst genoss, nicht schon wieder von mir zu geben, denn, ich benötigte es noch dringend! Ich hatte es gründlich überzogen, wie ich es leider in solchen Situationen immer wieder mit meinem Körper mache. Aber mein Körper war und ist hart im Nehmen, wofür ich überaus dankbar bin. OK, das Frühstück blieb drin, ich erholte mich auch wieder, was mir in den ersten Minuten unmöglich erschien und suchte in Zukunft mein eigenes Tempo. Ich beruhigte den besorgten Führer Ruben und der Antonin zeigte mir ein paar wertvolle Yoga-Übungen, um den Atem besser zu nutzen und regulieren. Sehr wertvoll. Ich hingegen erklärte ihnen, dass sie ruhig vorgehen konnten, denn, der steile Pfad war recht gut erkennbar. An Wegkreuzungen oder wenn der Weg nicht sichtbar wäre, dann sollten sie mir ein Zeichen für die Richtung legen. Das war alles im Endeffekt nicht nötig, denn, der wirklich steile Teil lag jetzt schon hinter uns.
Wir befanden uns auf einer Art Kamm zwischen zwei Tälern, auf dem es mal runter mal rauf ging, mitten im Regenwald. Plötzlich stoppte Ruben und Antonin ging ein paar Schritte zurück. Das war merkwürdig. Als ich aufschloss sah ich warum. Eine große graue Schlange lag quer über den Weg. Eerst später stellten wir fest, dass die ganze Zeit, direkt neben uns, eine zweite kleinere Schlange lag. OK, der Weg war nicht zu passieren, Ruben überlegte wie wir die Situation am besten meistern könnten. Erst klopfte er mit einem Stock ein paar Erschütterungen auf den Boden, nahe der großen Schlange, so dass diese sich langsam zurückzog. Davon konnte ich auch noch ein Video machen.
Aber wer konnte sehen, wohin die Schlange sich zurückzog und wie weit… Und da war ja auch noch die zweite Schlange, zwar kleiner, aber auch direkt neben dem Weg… Auch über die Giftigkeit der beiden Schlangen gingen die Meinungen weit auseinander, auch später im Ort, wenn man den Leuten die Fotos zeigte. Ruben schlug mit der Machete einen kleinen Umweg durch das Gebüsch über einen Baumstamm und so funktionierte es. Es war schon ein Kitzel… Ab diesem Zeitpunkt war mir auch klar, dass ein erfahrener Führer im Regenwald durchaus Sinn macht. Denn der Weg an sich war einfach. Aber ich wäre auf die Schlange gelatscht oder hätte in meinen Schlappen irgendeinen giftigen Frosch gestreift, von denen wir zahlreiche beobachten konnten. Nein, ein Führer macht definitiv speziell in solchen Situationen Sinn! Auch den stabilen dünnen Stock, den Ruben uns beiden vor dem Marsch aushändigte, der machte in dem steilen Gelände sehr viel Sinn und war auch sonst gut zu gebrauchen. Zum Beispiel für Antonin, wenn er mir mit dem Stock die zahlreichen Frösche zeigte, die mir entgingen, indem er mit dem Stock fast auf sie dupte.
Es waren so viele Frösche zu sehen und ich sah sie nicht. Das war wie beim Pilze suchen. Hinter mir sammeln meine Mitgeher immer die Pilze ein, die ich selbst nicht sehe. Hängt vermutlich mit meiner Rot/Grün-Schwäche zusammen. Genauso ging es mir mit den Fröschen. Der Antonin musste die Frösche schon immer fast mit dem langen Stock anklopfen bis ich sie sah. Er machte auch die meisten Froschfotos. Hautsächlich rote und grün/schwarze Frösche, ganz im Gegensatz zu Trigana, wo es hauptsächlich gelbe Frösche waren und viel Kleinere. Angeblich seien alle giftig und ein Kontakt mit der Froschhaut tödlich. Ruben erklärte noch, dass man prinzipiell mit allem „buntem“ im Regenwald vorsichtig sein sollte.
Dann, endlich, nach vielem Auf und Ab, über Wurzeln, durch den Baaz, in einer atemberaubenden Landschaft und unglaublichen Schwüle, erreichten wir tatsächlich nach über 2 Stunden „Los Quatros Encantos“, das Ziel, die Wasserfälle mitten im Regenwald.
Was für ein Genuss war es, nach der Hitze und Anstrengung sofort ins Wasser zu springen. Das Wasser war kühl, kühler als gedacht. Eine Landschaft wie ein Feen-Reich. Die üppige Vegetation, das Wasser, das Geräusch. Ein sehr spezieller Ort. Ruben stürzte sich aus sicher 5 Meter von der Felswand in die Fluten. Antonin tat es ihm gleich. Ich war glücklicherweise für die Videos zuständig. Das nächste Mal werde ich mich wieder um Kontaktlinsen kümmern. Denn, mit der Brille kann man sowas nicht machen. Zumindest nicht, wenn man ohne Brille wie ein Maulwurf rumläuft. Denn auf den spitzen Steinen ist es ohne Brille eine echte Qual. (feine Ausrede!) Wir blieben sicher eine halbe Stunde, wenn nicht länger. Bis mich die Garnelen-artigen Geschöpfe im Wasser immer wieder mit ihren Scheren zwickten, dann war es irgendwann gut. Ich habe nie so selten auf die Uhr geschaut wie in den letzten Tagen. Die Tage sind eher bestimmt von Sonnenaufgang und Sonnenuntergang, vom Wetter. Zeit spielte eine deutlich untergeordnete Rolle, ganz im Gegensatz zu meinem sonstigen Leben. Aber Ruben erinnerte mich daran, dass ich noch, wenn sich eine Gelegenheit böte, mit dem Boot zurück nach Guachalito fahren musste. Denn da war ja noch mein Gepäck und das waren mindestens 2 Stunden Fussweg. Daher machten wir uns auf den Rückweg. OK, die Gegenanstiege machten mir noch zu schaffen, aber nicht mehr in dem Maße wie beim Aufstieg. Der Rückweg ging relativ gemäßigt. Keine besonderen Vorkommnisse, außer die herrliche Natur im Wald.
Unten angekommen war ich dann schon sehr am Ende. Zahlte meine Hälfte( 45.000 COP) der Tour und meine Socken (10.000 COP). Dann ging es mit viel Mühe zum Haus der „La Sirena Negra“. Als ich ihr erzählte, dass ich jetzt noch zurück nach Guachalito gehen müsse und vermutlich am nächsten Tag kommen würde, um noch ein paar Tage zu bleiben, da fand sie schnell eine bessere Lösung. Sie hatte ein Boot. Ihr Mann und ihr Sohn (Schwiegersohn?) sollten mit mir nach Guachalito fahren, meine Sachen holen und mich gleich wieder mit zurücknehmen. Das Angebot nahm ich sehr dankbar an. Antonin klinkte sich gleich mit ein und fuhr mit uns. Sie fragte wann es losgehen sollte, ich fragte, wann es optimal wäre (Ebbe/Flut), sie meinte sofort. OK, dachte ich mir, ob ich auf dem Boot sitze und versuche mich zu erholen oder hier im Haus, das ist so ziemlich egal. Also fuhren wir gleich los.
Es war so 16:00 Uhr rum und die Fahrt dauerte vielleicht 15 Minuten. Ich packte schnell mein Zeug zusammen, rief den Santiago an (denn in Guachalitos funitionierte an manchen Stellen das Telefon), sagte ihm Bescheid, dass ich ihn in Nuqui meine Schulden bezahlen würde, zahlte noch meine Rechnung im merkwürdigen und unsympathischen Club Nautilos (50.000 COP für 2 Abendessen und ein Frühstück). Der einzige, der im Club wirklich freundlich war, das war in diesem Moment der Guide, der mich zu seinem Chef brachte, wegen der Rechnung. Da kam sowas wie ein Gespräch auf und es war nicht nur dieser eiserne Vorhang der Distanz spürbar, wie bei praktisch allen anderen Mitarbeitern. Vor allem die in der Küche, zu denen ich superfreundlich war, da kam absolut NICHTS zurück. Nur kühle Distanz und fast schon Ablehnung. Sicher nie wieder in diesem Club Nautilos!
Es ging mit dem Boot zurück nach Thermales, genauso schnell wie hin. Am Bug saß immer eine Art von Späher, wegen Steinen, Baumstämmen und Untiefen, wie man mir erklärte. Dann gab es ein super leckeres Abendessen. Ich schaffte erst gerade die Suppe. Hatte keinerlei Appetit. OK, ich hatte es heute tatsächlich übertrieben, mein Körper war jetzt ein wenig bockig. Aber ich kannte das, ich musste nur sehr langsam essen. Und genau so war es, Stück für Stück kam auch der Appetit zurück. Die kochen hier bei La Sirena Negra HERVORRAGEND. Da spürt man das Herz, die Passion beim Kochen. Glücklicherweise sollte sich dieser Eindruck später noch verstärken. Die Hauptköchin war bisher „La Flaca“.
An diesem Abend gab es keine besonderen Vorkommnisse, außer dass wir alle, die Familie und die Gäste, gemütlich am Tisch vor dem Strand saßen, leckeren Spezial-Cocktail aus Carambolo genossen und ratschten über Gott und die Welt. Aber ich verabschiedete mich früh, denn, ich war echt am Ende. Konnte vor lauter Erschöpfung erst überhaupt nicht schlafen. So komisch das klingt. Aber irgendwann klappte es dann doch. Es war sehr still in Thermales. Auch da gab es keine motorisierten Fahrzeuge. Nur drei Fahrräder gab es, wurde mir erklärt. Es waren hier in Thermales 250 Einwohner, davon 78 Kinder. Tja, wenn man Zeit hat, es warm ist und hübsche Frauen und Männer zusammenkommen, das Resultat sind viele Kinder!