Diesmal war ich definitiv viel zu spät ins Bett gekommen am Vorabend. Der Carnaval in Taganga, dann noch auf dem Balkon und dem Mirador im super böigen Wind. Aber es waren immer sehr warme Böen, was es wirklich erträglich machte. Die Hängematte wurde angeschaukelt, manchmal allerdings wurde der Stoff der Hängematte durch die Böen so heftig gezerrt, regelrecht weggerissen, dass man mit geschlossenen Augen liegend regelrecht zusammenzuckt, wie wenn jemand ganz unverhofft an der Hängematte mit voller Kraft am Stoff reißen würde. Extreme Böen. Da musste man das Notebook richtig festhalten, sonst wäre es weggeflogen. Andererseits, die vielen unterschiedlichen Musikquellen, vom Dach aus sehr zentral vernommen, das hört sich auch wieder interessant an. Um 01:00 legte ich mich dann regelrecht erschöpft im meinem Zimmer ins normale Bett, denn an Schlafen war oben in den Hängematten im Wind nicht zu denken. In Deutschland war es bereits eine Uhrzeit, wo manche schon aufstehen. (ich tendenziell nicht)
In der Früh lief alles glatt. Ich genehmigte mir Arepas mit Ei und packte meine Sachen zusammen. Victor, der Taxifahrer war auch rechtzeitig zur Stelle. Durch einen gerde abgehaltenen Straßenmarathon in Santa Martha an diesem Morgen mussten wir zwar Umwege zum Flughafen fahren, waren trotzdem rechtzeitig da. Es ist so ein herrlich gelegener Flughafen. Die Landebahn startet und endet am Meer, von Palmen umsäumt, das blaue karibische Meer, der weiße Strand. Wenn man in Santa Marta ankommt, dann sollte man sich nicht gleich ins Taxi setzen und wegfahren. Für das nächste Mal, wenn ich in Santa Marta direkt aus Deutschland ankomme, da habe ich mir vorgenommen, dass ich die paar Meter zur nächsten Strandbar laufe und mir erstmal am Strand in aller Ruhe ein Bier genehmige, bevor ich weiterfahre nach Santa Marta und Taganga. Vielleicht auch die Badehose griffbereit und gleich rein ins lauwarme Wasser.
Mein Gott waren die pingelig in Santa Marta, das Handgepäck musste von fast jedem in eine metallene Box, die von ihren Innenmaßen genau den erlaubten Maßen des Handgepäcks entsprach. Da ging ein Drücken, Zerren und Stopfen los. Für manche ohne Erfolg, die mussten zahlen. Auch das E-Ticket zählt nichts in Santa Marta, da wurde mir trotzdem eine papierene Boarding Card ausgestellt.
Exakte Sicherheitskontrollen, übrigens auch beim Personal, welches das Gepäck ins Flugzeug räumt. Ich konnte beobachten, dass alle, bevor sie mit der Arbeit begannen, auf „was auch immer“ recht genau durchsucht wurden.
Der Flug ging ruckzuck, wie immer waren viele Kolumbianer am Telefonieren, auch beim Start und bei der Landung. In Deutschland unvorstellbar. Da sind ihnen die Anweisung von der Stewardess, die es ganz offiziell durchaus gibt, völlig egal.
In Rio Negro, der Flughafen von Medellin, war es schon empfindlich kühler als in Santa Marta. Der Flughafen liegt außerhalb von Medellin, vielleicht ein Stückchen weiter als der Flughafen vor München liegt. Von 35° auf 21°, ein heftiger Temperatursturz innerhalb 1 ½ Stunden, das spürt man schon. Aber es war erträglich. Ich fand auch gleich einen Geldautomaten, um mich in einer ersten „Fuhre“ mit dem nötigen Kleingeld für Nuqui zu versorgen, denn, sowas wie letztes Jahr sollte mir nicht mehr passieren… Ohne Moos ist nirgendwo was los, aber eben in Nuqui auch nicht. Und da unten gibt es für Europäer KEINE Möglichkeit, um an Geld zu kommen, alles ausgecheckt. Gibt’s nicht. Wenn dann die „Effectivos“ (das Bargeld) ausgehen, dann wird es schnell recht eng und ungemütlich an der Pazifikküste…
Dann schnappte ich mir ein Taxi nach Medellin. Die Fahrt hat sich, durch einen neuen Tunnel, der erst letzten August eröffnet wurde, um eine halbe Stunde verkürzt und es geht nicht mehr in Serpentinen rauf und runter. Dafür hat man auch nicht mehr die schöne Sicht auf Medellín und man kann jetzt auch nicht mehr stehenbleiben, um zu gucken. Der Taxifahrer berichtete, dass überall auf der Strecke Kameras installiert wären und quasi sofort eine Polizei zur Stelle wäre, wenn jemand stehenbleiben würde. Vor- und Nachteile. Die Fahrt kostete wie letztes Jahr (trotz der halben Stunde Einsparung) 80.000 COP was ungefähr 22 € entspricht. Ich ließ mich ins Hotel Zandalo bringen, das hatte sich letztes Jahr gut bewährt. Sie hatten auch Zimmer frei. Meine erste Frage war natürlich, resultierend aus meinen Erfahrungen vom letzten Jahr, ob das Internet funktioniere. KLAR, natürlich, wurde mir beteuert. Schmarrn, man konnte sich zwar mit dem W-LAN-Accesspoint verbinden, nur dann passierte alles im Kilobit-Bereich. Also vergleichbar mit einer Modem-Verbindung, für die, die das noch kennen. Absolut unbrauchbar das W-LAN. Nachdem ich mein Gepäck verstaut hatte, machte ich mich sofort auf den Weg und durchstreifte Medellin zu Fuß, auf der Suchte nach einem Restaurant, wohin es mich reinziehen würde.
Die „Paisas“, wie sich die Menschen aus der Gegend um Medellín nennen, die sind schon ein ganz besonderes Volk. Irgendwie immer am Singen und Abfeiern, vor allem die jungen Paisas. Wenn man im Hotel am geöffneten Fenster ist, dann hört man immer von irgendwoher eine singende „Mädels-Gang“, die offenhörbar gerade kräftig am Feiern war. Genauso wenn man durch die Straßen streifte. Das gemeinsame Singen hat eine gute Verbreitung in der Gegend. Gefällt mir! Singen verbindet.
Die nächste Querstraße vom Hotel Zandalo (Carrera 70) ist schon sowas wie in München die Leopoldstraße. Ich ging rauf und runter, aber entweder es waren deutlich zu viele Leute im Lokal oder gar keine Leute. So dauerte es einige Zeit und Schritte, bis ich meine Kapriziösität überwand und in einer Seitenstraße ein Restaurant fand, das dann doch passte. Lecker wars, ich hing sicher eine Stunde ab, ging weiter die Carrera 70 entlang, versorgte mich in einem Café mit Kaffee und einem supersüßen Teil, das ich gerade noch so packte, so süß war es. Ich beobachtete die Chivas auf der anderen Straßenseite. Chivas sind mit viel Holz umgebaute LKWs, die zur Belustigung der Touries eingesetzt werden, ähnlich wie in München die alten USA-Schulbusse, mit lauter Musik, viel Geschrei. Früher waren (und vielleicht sind sie es auch noch) in der Kaffeezone ein normales Fortbewegungsmittel. Man sitzt praktisch im Freien auf Holzbänken. Wobei diese Touri-Chivas sind nicht mehr links und rechts offen. Nur noch die Fenster sind offen. Vermutlich waren in der Vergangenheit einfach zu viele rotzbesoffene Amis während der Fahrt rausgeflogen. Aber genau diese offene Konstruktion macht eigentlich den Reiz der Chivas aus. OK, in Medellin kann man also die sicheren „Chiva-Light“ genießen.
Ich zog mir nochmal Geld am Automaten. Und damit da ja nix schief laufen konnte im Chocó ab morgen, nahm ich mir vor, am Flughafen nochmal eine letzte Fuhre Geld abzuheben. Das sollte dann, wenn alles gut geht, eigentlich den ganzen Urlaub reichen. Wenn nicht, dann würde ich am Schluss nochmal prassen müssen, um die ganzen Colombian Pesos wegzubringen. Wenn wieder was schief oder anders laufen würde, dann war ich gerüstet!!! Zumindest monetär.
Dann war es schon Abend und ich wieder im Hotel. Später wollte ich nochmal eine Runde drehen. Aber am Sonntag steppt der Bär in Medellin nicht mehr so kräftig wie er das Donnerstag bis Freitag tut, erklärte mir einer der Taxler.