Eine unserer ersten Aktionen in Bogota war, dass wir zu Fuß von der Wohnung des Mauricio aus in Santa Cecillia (Zona 5) ins Zentrum, bzw. nach Candelaria hinter dem Zentrum gegangen sind. Mauricio meinte, dass es eine Strecke von circa 7 km sind. Nach der Kontrolle bei Google-Maps und unter Berücksichtigung der ganzen Zickzack-Bewegung die wir machten, würde ich die Gesamtstrecke auf deutlich über 20 km schätzen. Immer die Calle 26 entlang in Richtung Süden. Das war am Anfang recht anstrengend, da die Calle 26, als eine der Haupteinfahrtstraßen, gerade vollständig renoviert wurde. So versuchten wir es auf den Seitenstraßen auf der westlichen Seite der Calle 26. Quasi im Zickzack liefen wir in die Richtung Candelaria, die Altstadt von Bogota. Dabei fanden wir superinteressante kleine Restaurants auf dem Weg. Ich fühlte mich in keiner Weise unsicher, wie ich mich in manchen „Barrios“ in Lima oder Guayaquil gefühlt hatte. Nette kleine Häuser, die Leute freundlich und relaxed.
Wir querten einen Friedhof, in dem, wie in Südamerika üblich, die Toten in kleinen Appartements auf ihre Wiederauferstehung warteten. Ein wenig heruntergekommen war er. Es gab recht große Suiten und für die Masse die kleinen Appartements. Bis runter zur günstigen 30x30x30 cm Box für Urnen. Die großen Bäume, von denen man noch die Stümpfe im Boden sah, hatten mit ihren Wurzeln die Bausubstanz der „Appartementhäuser“ teilweise sichtbar geschädigt und waren vermutlich deshalb gefällt worden. Die Straßen vor dem Friedhof waren thematisch korrekt besetzt mit lauter Steinmetzen. Eine Straße mit einem Steinmetz neben dem anderen. Viele arbeiteten auf der Straße. Gleich um die Ecke dann eine Straße nur mit Blumenverkäufern. Diese thematische Ordnung findet sich auch in vielen anderen Straßen. Die Straße der Schneider, die Straße der Hüte, die Straße der Lautsprecherboxen… Recht praktisch wenn man was sucht.
Dann kamen wir in die Straßen der Prostituierten, die dort ihre Dienste feil boten. Das interessante war, dass das meines Erachtens zu 2/3 Transvestiten waren. Das war eine der übelsten Gegend von Bogota, erzählte uns später Mauricio. In dieser Gegend nachts rum zu latschen, das wäre sicher noch mal eine eigene und recht spezielle Erfahrung gewesen und vielleicht auch nicht so empfehlenswert denke ich. Je nach Bedarf…
Zwischendrin sind wir dann Essen gegangen. Es war ein riesiger Fransen Fleisch, ein recht geschmacksneutraler Fladen aus Maismehl und zwei supermehlige Kartoffeln, die kaum mit der Gabel zu heben waren. Nur eine Messerspitze einer Art von Petersilie-Gewürz dazu. Ein recht leckere Suppe gab es noch als Vorspeise. Ich habe tatsächlich alles gegessen, was mich im Nachhinein verwunderte, denn, es war supertrocken. Aber ich hatte Hunger. Wir hätten das mit dem Essen bereits viel früher machen sollen, denn, in der Gegend vorher waren viele kleine nette Restaurants, in denen man sicher viel günstige und besser hätte essen können. Da konnte man oft auch recht angenehm draußen sitzen und es war vom Verkehr her sehr ruhig. Die Leute relaxt und freundlich. In der Gegend in der wir inzwischen waren, da waren die Straßen sehr belebt um es mal vorsichtig auszudrücken.
Ein interessantes „U-Bahnsystem“ (Transmilenio) haben sie in Bogota. Die oberirdischen Busse fahren auf einer separaten Spur, so dass das übrige Verkehrschaos keinen Einfluss auf die Busse des Transmilenio hat. Die Busse haben einen sehr hohen Einstieg, der abgestimmt ist auf spezielle Bahnsteige, welche nur Busse dieser Art „bedienen“. Wenn ein Bus in die Station fährt, dann öffnen sich Glastüren, welche die höheren Bahnsteige von der Straße trennen und die Leute strömen in und aus den Bussen. Dieses Verkehrsmittel wird recht intensiv genutzt. Sowohl die Busse, als auch diese Stationen mit den Glastüren sind überall voll.
Mauricio erzählte, das die Stadt Bogota eine richtige unterirdische U-Bahn zu bauen plant. Würde der Stadt gut stehen denke ich.
Bei den „normalen“ Bussen ist es so, dass es keine festen Stationen zu geben scheint. Es gibt so eine Art von „Haltestellen-Richtlinie“, repräsentiert durch kleine Häuschen wie Busstationen. Die sind jedoch recht selten. Aber die Busse halten auf Handzeichen überall und unterbrechen genauso an jeder Stelle die Fahrt, wenn man dem Fahrer signalisiert, dass man aussteigen möchte. Genauso wie im restlichen Südamerika üblich.
Bei uns in Deutschland bekommt ein Busfahrer gleich haftungsrechtliche oder versicherungstechnische Probleme, wenn er mal außerhalb einer Busstation jemand ein- oder aussteigen lässt.
Beim Gehen ist höchste Vorsicht geboten. Zum einen wegen der recht zahlreichen Löcher im Boden, zum anderen wegen der wirklich ausgesprochen hohen Randsteine. Katrin meint, die wären vermutlich deshalb so hoch, da es, wenn es in Bogota regnet, manchmal sehr heftig regnet. Da machen die hohen Randsteine als „Kanalbegrenzungen“ gut Sinn. Jedenfalls sind die so hoch, dass man recht gerne mal ins Stolpern kommt, wenn man nicht aufpasst. Nach ein paar Stunden Fußweg in der Sonne habe ich das mit dem Stolpern an den Randsteinen dann ein paar mal gerade noch abwenden können.
In der Altstadt liefen wir dann ebenfalls ohne konkretes Ziel, einfach kreuz und quer. Liesen uns treiben und überquerten dabei mehrere große Plätze. Ein Zug mit schwer bewaffneten Soldaten begegnet uns auf den kleinen, teilweise recht steilen Straßen, die sich östlich des Präsidentenpalasts befinden (Candelaria). Eigentlich war ich auf der Suche nach eine Art von Straßencafe, in dem man draußen sitzen kann und die vorbeiströmende Menschenmenge ein wenig beobachten. Das gab es hier leider nicht. Eigentlich überhaupt nicht. Zumindest fanden wir kein solches Lokal. Inzwischen, nach stundenlangem laufen, war bei mir auch etwas Müdigkeit spürbar.
Wir fanden dann doch ein kleines Cafe an einer Kreuzung. Von dort aus konnte man gut das Treiben auf der Straße beobachten. Der Cappuccino war super lecker. Auf dem wackeligen Tisch habe ich leider gleich mal die Hälfte von Katrins Kaffee verschüttet… Interessanter Weise gab es da recht leckere Vollkornkeks, die nicht mal besonders süß waren. Das hätte ich definitiv nicht erwartet. War aber die ganze Reise über quasi das einzige mal dass ich das erlebte. Normalerweise war alles was süß war gleich SUPERSÜß. Vollkornmehl weitgehend unbekannt. Das was in den Geschäften als Vollkornbrot angeboten wurde, das war von der Farbe her ein wenig dunkler. Die Konsistenz aber war in etwa genauso labbrig wie das restliche "normale" Brot, das es in Kolumbien zu kaufen gibt. Vermutlich hatte sich beim Vollkornbrot schon das eine oder andere Kleiestückchen in das Mehl verirrt. Das war aber so fein vermahlen, dass zum "normalen" Brot eher kein Unterschied auszumachen war. Bei uns wäre solches Brot nur beim Konditor zu kaufen.
Die Nähe zum Präsidentenpalastes war auch spürbar, da sich zu den kleinen Bussen und allen möglichen Fahrzeugen, kleine Konvois mit recht großen und teuren Geländewagen durch die sehr engen und belebten Straßen kämpften. Recht rigoros von den eskortierenden Polizisten auf Motorrädern in Fahrt gehalten. Vermutlich waren das irgendwelche Politiker, hohe Beamte oder sonstige staatlich Bedienstete, die „recht wichtig waren“. Ansonsten wäre ja ein solches rücksichtsloses Verhalten nicht zu erklären und auch noch von der Polizei unterstützt. „Wichtige Leute“ eben, die recht stolz und arrogant aus ihren klimagekühlten riesigen Kisten glotzten und sich offenbar in jedem Land gleich verhalten.
Wir machten dann weiter, in unserer unstrukturierten Art die Stadt Bogota zu erkunden. Die Katrin wurde dann direkt am Präsidentenpalast von einem Polizisten angepflaumt, da sie sich zu nahe an den umgrenzenden Zaun begeben hatte. Dafür wurde bei mir meine kleine Gürteltasche durchsucht, welche ich mit mir führte. Ich hätte ja eine Bombe oder Schusswaffe mit mir führen können… Das Schild „Schusswaffen verboten“ findet man übrigens an vielen Hauseingängen. In Kolumbien sind also Schusswaffen in manchen Häusern nicht erwünscht, gut zu wissen…
Weiter ging es durch ein Geschäftsviertel, welches sich um einen großen Markt mit sehr belebten Straßen zog. Es schien dort wirklich praktisch alles zu kaufen zu geben. Ein paar Mal wurden wir angesprochen, meist von „Schleppern“ für irgendwelche Restaurants, die dann die kulinarischen Qualitäten priesen, oder die Speisekarte aufzählten. Aber die hatten es nicht auf Touristen abgesehen, sondern auf Jedermann.
Selbst hier fühlte ich mich nicht besonders unsicher. Hing natürlich auch damit zusammen, da wir beide absolut nichts wertvolles dabei hatten. Weder Kamera (was ich im Nachhinein SEHR bereute…) noch sonstige Wertgegenstände oder größere Geldbeträge. So kann man sich dann recht sicher in unsicheren Gebieten aufhalten. Bei einem Überfall verliert man nichts, außer vielleicht 20 €. Die hat man dabei um sich was zum Essen zu kaufen und einen potentiellen Räuber nicht total zu enttäuschen und zu „unüberlegten Frustaktionen“ zu motivieren.
Aber weiter oben im touristisch besser erschlossenen Gebiet in Richtung Candelaria, da waren tatsächlich unter den sehr wenigen Touristen welche dabei, die recht große und offensichtlich teure Kameras gut sichtbar mit sich führten. Würde ich so jetzt eher nicht machen… Würde mich auch interessieren, ob sie sich immer noch als Eigentümer bezeichnen können.
An einem riesigen Platz verweilten wir dann ein wenig auf einer Mauer in der Assi-Ecke. War ein guter Ort um das Treiben auf dem Platz zu beobachten. Fliegende Händler die ihren „Tinto“ (Kaffee) aus Thermoskanne verkauften, Schuhputzer, Eisverkäufer, sogar ein lebendes Lama und daneben, als Sparversion, ein kleines ausgestopftes Pferdemodel, um Fotos für die Kinder zu machen. Das ganze „Programm“ eines südamerikanischen belebten Platzes.
Weiter zurück ging es wieder durch die „rote Zone“. Warum sind das nur so viele Transvestiten, die sich da als Frauen anbieten? Vermutlich war es genau die entsprechende „Themenecke“ durch die wir da zweimal spazierten. Die von mir zum Thema „Prozentsatz der Transvestiten unter den Prostituierten“ befragten Kolumbianer wiesen ALLE meine Einschätzung WEIT von sich.
Wir sind doch dann tatsächlich wieder bis zum Appartement von Mauricio zurück zu Fuß gegangen. Meine Füße schmerzten, ich war wirklich müde. Es war circa 18:30 als wir ankamen. In Summe waren wir sicher 9 Stunden auf den Beinen, wie eine Bergtour…
Mauricio gab uns noch viele Tipps für die Weiterreise und machte mit seinem Auto noch eine kleine Stadtführung.
Wir fuhren auf einen Aussichtspunkt weit über der Stadt. Als wir dort angekommen waren, da luden uns 3 sympathische Jungs, die da ebenfalls gerade die Aussicht genossen, spontan auf Aguadiente ein. Darüber hinaus tranken wir dort eine Art von „Glühwein“ (Canela), den es dort zu kaufen gab. Ebenfalls recht reichlich mit Aquadiente versehen. Ja, die Kolumbianer lieben ihren Aquadiente…