Erstmal wollte ich schnell im Hotel frühstücken, denn, ich hatte den Plan, mir schnell noch eine andere Telefonkarte zu besorgen, eine „Claro“, denn, wen ich auch fragte, jeder schüttelte bei „Movistar“, die sie mir am Flughafen in Bogotá aufgedrückt hatte, mitleidig den Kopf. Aber ich hatte auch den Plan, zusätzlich die Movistar-Karte aufzuladen und dann im Vergleich mit der Claro-Karte zu testen. Und auch für den Fall… Mit Claro bin ich letztes Jahr sehr gut gefahren, hatte keinerlei Probleme. Vielleicht ist es in Bogota anders, aber an der Karibikküste, in Medellín und im Choco da scheint Movistar recht unbekannt oder unbeliebt zu sein.
Das mit dem schnellen Frühstück im Hotel funktionierte leider nicht so wie ich mir vorstellte. Ich saß im Restaurant, sah der Köchin in ihrer Küche zu, bei ihrer intensiven Hingabe an ihr Telefon. Ich räusperte, machte Krach, stand auf und ging rum. Nein, sie hatte keine Zeit für mich. OK, dachte ich mir, geh ich schnell die Telefonkarte besorgen. Ich ging wieder auf die nahe Carrera 70, auf der sich zahlreiche mobile Händler befanden. Auch schon um diese Zeit, es war erst 08:30. Ein Chico mit seinem mobilen Laden verkaufte mir eine „nackte“ Claro-Karte für 5000 COP (€ 1,40). Aber er schaffte es nicht, den Schlitten mit meinen beiden SIMs aus dem Telefon zu bewegen. Ich konnte fast nicht hinsehen, was er alles versuchte. Da empfahl er mir, in einer halben Stunde in einem anderen Shop, auf der gegenüberliegenden Straßenseite, der bis dahin auch geöffnet haben sollte, die Karte einlegen zu lassen und dann Guthaben in einem weiteren Shop in der Nähe aufladen zu lassen.
OK, dachte ich mir, jetzt erstmal Frühstück im Hotel. Zeitmäßig war ich nicht unter Druck, weil der Flug erst um 12:00 Uhr ging. Das sind Flugzeuge mit 6-15 Passagieren, da hält sich dann der Abfertigungsaufwand am Flughafen in Grenzen. Zurück im Hotel erzählte ich an der Rezeption von meinen Erlebnissen. Sofort bildete sich eine Projektgruppe, bestehend aus der (unglaublich hübschen) jungen Rezeptionistin, einem älteren Taxifahrer der zufällig da war und einem Hotelangestellten, um den Schlitten aus meinem Telefon zu bewegen. Die Projektleitung wechselte ständig durch und ich hatte auf den Projektverlauf nur noch wenig Einfluss. Die Rezeptionistin versuchte es mit ihrem Ohrstecker, der Taxifahrer holte extra aus seinem Taxi eine beeindruckende große Nadel, der Hotelangestellte hatte glücklicherweise ein Stück Draht, der meiner Einschätzung nach passen sollte. Und damit funktionierte es auch. Der Schlitten war draußen, so konnte ich jetzt die neue Claro-Karte einlegen. Ich öffnete die Packung, leider war die kleine SIM bereits herausgebrochen. Also wieder zum Straßenhändler. Der versuchte eine neue Packung zu öffnen, in der (glücklicherweise) ebenfalls die eigentliche SIM fehlte. Sonst hätte er es mir nicht glauben müssen und ich hätte eine neue SIM kaufen müssen. Abe so war der Fall klar. Er selbst, der fliegende Händler, er war von irgendjemand beschissen worden. Er legte die neue Karte ein und ich ging zum inzwischen geöffneten Shop, um meine Karte zu aktivieren (2000 COP) und mit 2 GB Datenvolumen aufzuladen (43.000 COP) Also hochgerechnet kostet das Gigabite Internetnutzungs-Volumen 6 €. Die Aktivierung der Karte und des zusätzlichen Volumens war, warum auch immer, auch nicht so leicht zu lösen. Eigentlich muss man nur einen Steuercode eingeben, eine Menüführung erscheint, durch die man sich durchhangelt. Glücklicherweise hängte sich für dieses Problem die Verkäuferin rein und löste es auch nach ein paar Minuten.
Man kann feststellen, wenn man in Kolumbien, egal wo in Kolumbien, auf Menschen zugeht und um Hilfe, Rat oder Unterstützung bittet, dann bekommt man die im Überschwang. Sehr sympathisch dieses Volk!
Jetzt war es bereits 10:00 Uhr. Mit Luis, dem Taxifahrer, der mit der „fetten Nadel“ hatte ich vereinbart, dass er mich um 10:30 abholt zum Flughafen. Es blieb also eine halbe Stunde für Frühstück, Gepäck zusammenraffen und runterholen. Glücklicherweise war die Köchin diesmal gnädig, hatte auch gerade keinen Chat am Laufen und baute mir ein recht leckeres Frühstück. Luis, der Uber-Taxifahrer war überpünktlich und wollte in Uber-Tradition das Fahrgeld (10.000 COP = € 2,75) lieber vorher haben, damit ihn die anderen „normalen“ Taxifahrer am Flughafen nicht massakrieren, wenn er in einem zivilen Taxi vorfährt und mich abkassiert.
Luis ist ein sehr sympathischer und zuverlässiger Taxifahrer, der auch Touren ins Umland oder in Medellín macht. Für günstiges Geld, ein echter Tipp der Mann. (Luis C. Aguirre T. 301 2770525) Auch für den Transfer zu den Flughäfen ist er gut zu haben.
Das CheckIn mit „Grupo San German“ verlief problemlos, bis auf das merkwürdige Übergepäck das ich zahlen musste. Das Personal am Check In sagte was, was ich nicht richtig verstand. Ich legte mein Handgepäck auf die Waage. Das reichte aber nicht. Ich musste mich mit meinem Handgepäck zusammen auf die Waage stellen, stirnrunzeln bei den CheckIn-Mädels, ich musste brennen… War ich SO fett geworden? 🙂
Noch vom letzten Jahr wusste ich ganz genau wo der Geldautomat stand und zog mir noch eine letzte Ladung „Efectivos“. Dann durch die Sicherheitskontrolle und nach ein paar Minuten Wartezeit ins Flugzeug, das wir durch einen kurzen Spaziergang übers Vorfeld erreichten. Es waren so 8-10 Passagiere.
Diesmal war der Flug nicht ganz so relaxt wie letztes Jahr (damals hatte ich mich schon gewundert), der Pilot hing diesmal die ganze Zeit an den Rudern und versuchte durch Gegensteuern das Flugzeug halbwegs ruhig zu halten, was nur mäßig gelang. Da war nix mit Steuerknüppel loslassen und mit dem Trimming fliegen. Es war nicht schlimm, schlimm war, dass die letzten 10 Minuten, manchmal Warnsirenen zu hören waren, welche die deutsche Reisegruppe hinter mir doch recht beeindruckte. Es hörte sich wie eine Höhenwarnung an. Wir waren ja schon im Landeanflug und in einem langsamen Sinkflug. Auf OSM und eingeschalteter Standortbestimmung konnte ich sowohl Höhe als auch Position genau auf der Karte sehen. Die Höhe war definitiv kein Problem, auch wenn das nicht optisch durch die Fenster erkennbar war, weil wir in diesem Moment genau in den Wolken waren. Aber unsere aktuelle Höhe und die Höhe des Landes unten konnte ich auf OSM gut erkennen. (Wenn man das Modul „Höhenlinien“ dazukauft) Auch kurz vor der Landung gab es nochmal verschiedene akustische Warnungen, die hinter mir nicht sehr relaxt kommentiert wurden. Wie wenn die Geschwindigkeit zu gering gewesen wäre (Abrissgefahr), da piepsts dann recht gehörig. Das schien mir aber nicht so zu sein. Keine Ahnung was das war. Das Entscheidende, was mich trotzdem ruhig bleiben ließ war, ich konnte genau sehen wie relaxt der Pilot war (die Tür war offen und es saß 1,5 Meter vor mir). Wenn der ein Problem gehabt hätte, dann wären ihm bei der Hitze zumindest die Schweißperlen von der Stirn gekullert. War aber alles ruhig, keine Perlen zu sehen, keine hektischen Bewegungen, also auch kein Problem. Ein recht ruppiges Aufsetzen auf der Landebahn gab es noch (schlüssiges Gesamtkonzept) und schon standen wir am Flughafen in Nuqui auf dem Vorfeld. Die Deutschen hinter mir philosophierten noch darüber, welche Klasse an Piloten wohl eine Anstellung bei einer so kleinen lokalen Fluggesellschaft finden würden, die guten oder die schlechten… Für mich war es OK, es gab Turbulenzen und vermutlich kurz vor dem Aufsetzen nochmal irgendeine ungünstige Windänderung. Daher rumste es und diese kleinen Dinger halten schon was aus… Aber klar, die verschiedenen Warnsirenen, die erhöhen nicht das Vertrauen der Passagiere in die aktuelle Situation.
Am Flughafen in Nuqui lief wie immer alles super relaxt. Das Gepäck wird vor der eigenen Nase ausgeladen und dann verteilt. Draußen muss man noch die Touri-Taxe zahlen, 16.000 COP wenn ich mich recht erinnere. Dann zog ich zu Fuß los, in Richtung Hotel „Las Palmas Del Pacifico“, denn, das war ja nicht so weit. Trotzdem war ich nach 200 Metern froh, dass gerade eines von den Dreiradtaxies vorbeifuhr und mich aufpickte. Diese Dreiradtaxis sind eines der wenigen motorisierten Fortbewegungsmitteln hier unten in Nuqui.
Im Hotel war nichts zu sehen von Don Gilberto, der letztes Jahr der Angestellte im Hotel war. Es waren zwei neue Mitarbeiter. Meine erste Frage war, wegen der Erfahrungen im letzten Jahr, nachdem ich auch das gleiche Zimmer hatte wie letztes Jahr, ob es denn irgendwelche Probleme mit der Wasserversorgung gäbe. NEIN, NATÜRLICH NICHT! Wie ich denn nur auf sowas kommen würde, war der Gesichtsausdruck dazu.
Später, als ich mir mal die Hände waschen wollte, was geht nicht? Weder Dusche noch Wasserhahn. Kein Wasser. Das fixen wir später, dachte ich mir und haute mich erstmal in die geile Hängematte vor meinem Zimmer, saugte das Rauschen des nahen Pazifiks in mir auf, lies mich vom Wind schaukeln, der die Luft vor sich her schob wie eine sämige würzige Suppe. Es war SUPER, ich brauchte erstmal nichts, absolut nichts.
Nur keinen Strom gab es und damit auch kein Internet und natürlich auch keine akustische Untermalung vom DJ am nahen Strand. Ein lauwarmes Bier holte ich mir noch, weil ja auch der Kühlschrank keinen Strom hatte.
Nach Sonnenuntergang spürte ich Hunger, ich packte meine Taschenlampe ein (immer noch kein Strom) und ging in Richtung „Nuqui-City“ (Luftlinie 500 Meter). Als ich an einem der wenigen Häuser vorbeiging, da hörte ich plötzlich meinen Namen. Und nochmal. Es war Santiago. Er konnte keinen Kontakt mit mir aufnehmen, weil in ganz Nuqui kein Telefon, WhatsApp oder Internet ging, wegen dem Stromausfall, der immer noch andauerte. Wir verabredeten uns für nächsten Tag, er wollte mit zwei Kolumbianerinnen eine Tagestour mit seiner Lancha in Richtung Naturschutzgebiet in Richtung Norden fahren. Ich zögerte ein wenig, weil, eigentlich wollte ich noch chillen und war auch noch dankbares Sonnenbrandopfer auf dem Wasser, denn nach vier Tagen war ich noch nicht richtig braun. (eher noch Weißwurst) Und den ganzen Tag im Boot, da konnte ich mir gut vorstellen, wie ich am Abend aussehen würde. Vermutlich würde ich eine so starke „Schweinebratenkruste“ haben, dass ich nicht mehr gehen konnte.
Dann empfahl er mir noch ein Restaurant in der Nähe, in das ich sonst vermutlich nicht gefunden hätte. (Restaurante Pola). Leckerer Fisch mit interessanten Bohnen mit Ei und „Nochwas“, was ich nicht identifizieren konnte und noch Kartoffeln dazu für 23.000 cop. Sie hatten draußen vor dem Haus ein laut dröhnendes Aggregat laufen für den Strom. Alle Nachbarn hatten ihre Handys und Notebooks an den zahlreichen Steckdosen zum Aufladen hängen.
Ich ging dann wieder ins Hotel. Der Strom war jetzt ja wieder da. Da musste ich leider feststellen, dass die Internetbandbreite dieses Jahr im Hotel stark reduziert war. Kein Vergleich mehr mit letztem Jahr. Aber immerhin ging es.
Puh, war es heiß, eine tropische Nacht, richtig drückend. Aber ich habe es genossen, in meiner Hängematte vor der Zimmertür. Klar, zu besonderen körperlichen Höchstleistungen fühlt man sich dadurch ja eher nicht motiviert. Die Kolumbianer sehen es so, im Chocó gibt es zwei Zustände. Entweder es regnet und dann regnet es richtig, dann kann man natürlich nicht vor die Tür gehen, denn es regnet ja. Oder die Sonne knallt runter und es ist so extrem heiß, dass man besser nicht vor die Tür geht. Das nennt man dann „hora chocoana“, denn alles geht nur extrem langsam voran im Chocó. Kann ich gut nachvollziehen und ist mir recht sympathisch.