Das Aufstehen war kein Problem, alles ging ganz schnell. Ich war auch pünktlich an der Anlegestelle. Das deutsche Pärchen ging mir kurz voraus, weil, die wollten auch diese Richtung. Nach Sapzurro, mit dem gleichen Boot. Erst fährt das Boot nach Trigana, dann weiter nach Sapzurro. Ich gab dann doch meinen kleinen Rucksack ab. Innen war zwar schon alles in einem Müllsack und damit wasserdicht, aber, für 1000 COP kaufte ich mir einen zweiten, in dem ich meinen kompletten Rucksack verstaute. Den gibt man ab, da kommt ein Aufkleber mit einer Nummer drauf und selbst bekommt man einen Gepäck Bon mit der Nummer. Jetzt redete auch das deutsche (schwäbische) Pärchen mit mir, eigentlich nur die Frau. Sie erzählte, dass ihre Kinder bereits in Kolumbien waren und sie dachten, das könnten sie eigentlich auch mal probieren. Gute Idee, dachte ich mir 🙂
Das erste Schiff war bald voll. Auf dem Ticket war vermerkt, dass ich im zweiten Schiff gebucht war. Die Passagiere wurden namentlich aufgerufen, was oft recht lustig war, bei den vielen komplizierten ausländischen Namen. Aber die Mehrzahl der Reisenden waren Kolumbianer. Es dauerte und dauerte bis unser Schiff drankam. Bis 08:00 Uhr. Ich vertrieb mir die Zeit mit Ratschen. Die Marktfrau mit ihrem frisch gepressten Orangensaft. Die super sympathische Mülltütenverkäuferin, die Frau des deutschen Pärchens. Als unser Boot bereit war, da wurden ebenfalls alle Passagiere einzeln aufgerufen. Der Aufruf „Bernhard Hanus“ war so verunstaltet, dass ich es erst überhaupt nicht wahrnahm und identifizierte. Der Sprecher setzte nach, keiner reagierte, das musste dann doch ich sein. Ich schwenkte meine Hand, so quasi „mas or menos…“, der Sprecher feixte und ich ging an Board. Ganz hinten, die zweitletzte Reihe und am Rand. Genau geplant und im Kalkül, die Überfahrt ganz ohne blaue Flecken, ohne ständige Salzwasserdusche, aber auch nicht als „Fischfutterfabrikant“ zu überstehen. Vor mir saßen das deutsche Pärchen. Alle mussten Schwimmwesten anziehen. Neben mir setzte sich eine kleine, feine Kolumbianerin, mit Gold Uhr und weisser edler (und sicher auch teurer) Handtasche. Dem Blick war sehr leicht ihre Stimmung zu entnehmen. Sie macht das definitiv nicht gerne, es war für sie der Horror, das war gut zu erkennen. Später verstand ich auch besser warum.
Das Boot setzte sich recht schnell in Bewegung. Die 4 kräftigen Außenborder haben ganz schön angerissen, flux waren wir draußen, auf hoher See. Klar, da war Schluss mit Lustig. Der Vorteil der hinteren Plätze ist, dass bei höherem Wellengang die Schaukel- und Aufschlagbewegungen ein Bruchteil der vorderen Plätze ausmachten. Der Nachteil der Randplätze und ganz hinten war, völlig egal ob Rand oder Mitte, die Dauer-Salzwasser-Hochdruck-Schwalldusche von der Seite. Durch die hohe Geschwindigkeit sollte man es unterlassen (eigene schmerzliche Erfahrung), die Hand oder den Arm tendenziell in Richtung Außenseite zu strecken. Sogar wenn man sich mit der Hand an einer Strebe festhält kann, es hilft nichts. Durch die hohe Geschwindigkeit des Bootes entwickelt die Kraft des hochspritzenden Wasserschwalle eine unglaublich heftige Wirkung auf die Hand oder den Arm. Wenn es blöd kommt, kann man sich auf diese Weise den Arm oder die Hand brechen. Ich habe sie mir nur geprellt, was auch schon recht weh tut. Mein Strohhut, den habe ich gleich zusammengefaltet und zwischen die Beine fixiert. Trotzdem, obwohl ich mit dem Dauersalzwasserschwall durch die Brille praktisch nichts mehr sehen konnte, schaffte ich es immer wieder, die wasserdichte Kamera hochzuhalten und ein paar Fotos und Videos zu machen.
So nach 15 – 20 Minuten fing der ständige harte Salzwasserschwall an richtig weh zu tun. Aber trotzdem war es gleichzeitig auch sehr schön und aufregend. Die kleine Kolumbianerin neben mir hatte sich vollständig in diverse hoch- oder runtergezogene Kleidungsstücke vergraben und verharrte geduckt und offensichtlich sehr leidend, auf ihrem Platz. Das ging dann fast eine Stunde so, ich war froh, endlich das Festland auf der anderen Seite zu sehen. Dann ging es recht schnell. In der Bucht war es ruhig, das Boot hat wirklich eine sehr hohe Geschwindigkeit, ruck zuck waren wir an der Anlegestelle von Trigana. Ich war in dem ganzen voll besetzten Boot der EINZIGE, der da ausstieg. Alle wollten weiter nach Sapzurro. Sofort dachte ich mir, dass ich mit Trigana als Ziel genau die richtige Entscheidung getroffen hatte und war unglaublich froh! Ich kletterte über die Reling, balancierte auf den Steg. Ich war patschnass und konnte mit der vollgesprühten Brille praktisch nichts sehen. Das Gepäck war von der Crew gleich gefunden und ausgehändigt und ich ging den Steg hinter an Land, während das Boot schon wieder ablegte. Und da saß ich dann, ganz allein, das Boot fuhr weg und ich war froh!
Am Strand war NIEMAND, ich blieb erstmal sitzen, um mich zu orientieren, meine Brille zu putzen und ein wenig zu verarbeiten, was gerade so alles passierte. Dann ging ich ein paar Meter hoch, das war ein Garten, dahinter ein offener Bau, in dem ein paar Leute saßen. Scheinbar eine Art Restaurant. Ich wollte jetzt unbedingt ein Frühstück, weil, in Necoclí hatte ich nichts gefrühstückt, denn, ich wusste ja nicht wie der Seegang ist und hatte keine Lust „die Fische zu füttern“. Daher hatte ich jetzt echt HUNGER. Bekam freundlicherweise für 8000 COP ein kolumbianisches Frühstück (Rührei, gebratene Kochbananen, Käse und dieses Kakao-ähnliche Getränk, nach dessen Namen ich wieder fragen muss, weil ich ihn ständig vergesse.)
Dann fragte ich nach meinem Hostel, keiner kannte es. Dann doch jemand und sie schickten mich den Strand rechts entlang, bis ein Weg kommt. Den Weg hoch auf der rechten Seite sollte es sein. Ich ging den superschönen Strand entlang, den Weg hoch, wieder runter. Keine Menschenseele weit und breit. Ich rief, ich schaute. Nix.
OK, dachte ich mir, gehst zum Strand runter bis jemand kommt, dennst fragen kannst. Das machte ich, 10 Minuten später kam eine Frau und gleichzeitig ein junger Mann. Beide wussten wo das war und der Junge Mann war Nachbar des Hostel Adventura Deirin oder so ähnlich. Es war tatsächlich keiner da (aus gutem Grund wie ich später erfuhr) und so versorgte mich der Nachbar mit einem Kaffee und wir ratschten und ratschten. Über Gott und die Welt. Irgendwann meinte er, wir sollten die Hostelbesitzer suchen gehen. Ich meinte, ich wisse jetzt ja wo es ist und werde warten. Was ich auch machte, ging in den Garten und wartete. So nach 20 Minuten, ich wollte gerade meine Hängematte aufbauen und hatte schon die ersten Schnüre befestigt, tauchte erst ein Kind auf, gleich hinterher eine supersympathische junge Frau. Sie meinte, dadurch dass sie kein Internet hatten wussten sie nicht von meinem Kommen (Woher dann die Bestätigung auf booking.com?). Um das Internet zu reparieren waren sie gerade oben im Wald auf dem Hügel gewesen. Sie zeigte mir Fotos und das war wirklich weit weg. Man konnte das gut abschätzen, denn, auf dem Foto sah man den Blick vom Hügel runter zum Strand. Auch ihr Mann ist dann gleich angekommen und ich nistete mich ein, nahm eine Dusche und machte eine Siesta. Für den nächsten Morgen organisierte mir Edison, der Wirt, gleich eine Jungle-Tour mit Señor Thomas. Ich bereute ein wenig, dass ich nur meine Hawaianas dabei hatte, denn Stiefel wären da schon besser als die Schlappen. Es gibt da im Wald doch so einiges giftiges Frosch- und Schlangenzeug.
Ich ging dann spazieren an den Strand, hinter zum nächsten Strand, zurück, saß ein wenig. Hoch zum Wald, aber da kam ich nicht weiter. So ging ich in die Richtung des Strandes, von dem ich die starke Brandung hörte. Versuchte dorthin zu kommen. Ging erst am Strand entlang Richtung Norden. Aber da kam relativ schnell die Grenze, da ging es nicht weiter. Eine steile Felsenküste versperrte den Weg. Dafür beobachtete ich das Versorgungsschiff der Leute hier. Die ordern (so erzählte mir Edison) in Turbo, per Telefon. Dann kommt ein Schiff mit den Utensilien hierher nach Trigana. Die Leute müssen es nur noch ausladen und zu ihren Häusern oder Restaurants transportieren. Ich fragte einen jungen Mann, der gerade mit auslud, nach dem Weg zum „wilden Strand“. Er meinte, ein wenig in südliche Richtung, dann die Straße hoch. Ich fand die Straße (den Weg) und ging ihn hoch. Raus aus dem Dorf, an einer Viehweide vorbei. Das Tosen der Brandung wurde immer stärker. Aber ich kam nicht rüber. Der Weg ging weiter und ich begegnete einem jungen Mann. Er meinte, der Weg gehe weiter zu einem Dorf. Zum Strand gehe der Weg durch die Kuhweide, da solle ich mich aber vor den Kühen vorsehen… Ich solle aber lieber heute nicht mehr weitergehen, weil es schon zu spät sei, dunkel wird, was auch immer er damit meinte. Das verstand ich erst am nächsten Tag, denn, der Weg geht etwas ausgesetzt durch den Wald. Vielleicht dachte er, dass das zu gefährlich sei. OK, ich ging noch ein wenig weiter in Richtung Dorf und dann wurde es langsam dunkel, mir fiel ein, dass am Abend Maricella, die Gastgeberin, leckeres Hühnchen kochen wollte und machte mich auf den Weg zurück.
Das Abendessen war grandios, bemerkenswert war nur, sie tischten mir auf einem separaten Tisch auf, die Familie selbst hat dann in der Küche gegessen. Später, nach ein wenig Ratsch mit Edison, da war der Abend schon sehr früh auch schon wieder aus. Gegen 20:00 Uhr ging die Familie ins Bett, da ihre Tochter schon früh wieder aufstehen musste. In die Schule. Das Boot dass sie abholte ging schon um 06:30. Ich ging ebenfalls ins Bett, zog das von den beiden montierte Moskitonetz hinter mir zu und schlief hervorragend!