Nach der langen Nachschreibeaktion des Blogs war es bereits Nachmittag und ich verspürte deutlichen Hunger. So ging ich aus dem Hotel, um ein paar Ecken in ein kleines Restaurant, das mich interessierte. Es saßen einfache Leute drin und kein Tourist war weit und breit zu sehen. Ich bestellte dort die Spezialität aus Medellín „Mondongo“. Eine Art von Eintopfgericht, aus Kutteln (Rinderpansen), Schweine- und Hühnerfleisch mit Maniok, Kartoffeln und viel Koriander. Recht lecker, auch wenn die Kutteln etwas gewöhnungsbedürftig sind. Dazu ein Teller mit Reis, einer Banane, Salat und einem riesigen Stück Avocado. Nach einem Terminator-Bier hatte ich die richtige Bettschwere für eine Siesta. Es war im Hotel deutlich lauter als die letzten Wochen, durch den Balkon zur Straße. Das Zimmer lag im 3. Stock, überragte alle Gebäude in der Nachbarschaft, so gelangten alle Geräusche im Umkreis ungefiltert in mein Zimmer. Am Abend waren von überall in der Gegend die Musik zu hören. Salsa hauptsächlich. Bemerkenswert waren die vielen Menschen, vor allem die Mädels, die sangen. Überall wurde gesungen. Das fiel mir gestern schon auf, weil aus der Kneipe gegenüber des Hostels ebenfalls lautes Singen einer Mädels-Gang kam. Das war sehr angenehm. In dem Bewusstsein, dass Singen einen so positiven Einfluss auf unser Gemüt hat. Am lautesten kamen die Gesänge von links unten, da schien es eine Art von Freiluft-Karaoke-Disco zu geben. Zumindest sah man zwei riesige Bildschirme. Die Mädels da (es waren wirklich hauptsächlich die Mädels und keine Jungs) sangen wirklich STUNDENLANG Oldies, Pop, Rock, Vallenatos, Salsa, Punta, Cumbia-Lieder nach, aus vollem Herzen und ohne Pause. Das beeindruckte mich sehr und beinahe hätte ich mich abends noch aufraffen können dahinzugehen, denn, da musste eine außerordentlich gute Stimmung sein.
Generell kann man sagen, in Medellín muss man schon aufpassen dass man nicht über den Tisch gezogen wird. Ein Reflex, den ich die letzten Wochen (bis auf Cartagena) überhaupt nicht benötigte. Auch viele kleine Kinder laufen rum und verkaufen Süßigkeiten bzw. betteln. Viele schlafen auf der Straße. Das Spektrum ist groß, auch die Armut ist groß, gleichzeitig gibt es einen unglaublichen Reichtum und eine Fülle. Ein recht harter Kontrast. Mir persönlich ist Medellín ein wenig zu überdreht. Hängt vielleicht auch jeweils von dem Viertel ab, in dem man sich gerade befindet. Aber Paisas (wie sich Menschen aus der Gegend nennen) habe ich immer erlebt als extrem gesellig, meistens laut, sehr kontaktfreudig, praktisch immer in Gruppen oder in der Familie unterwegs, dem Alkohol definitiv nicht abgeneigt, meistens gut drauf und immer sehr lustig und humorvoll. Vielleicht ein wenig sehr „accelerado“, also auf- bzw. überdreht…