Wieder stand ich früh auf. Die frühen Morgen sind so schön von der Dachterrasse aus. Die Farben, das Licht, die verschiedenen Töne und Geräusche.
Die Zule (la „Guajira“ de la casa) versorgte mich sofort mit einem Kaffee, als sie später schließlich auch erschien. Dann fragte sie mich praktisch den ganzen Vormittag über Deutschland aus, das Leben dort im Allgemeinen und im Speziellen. Über das „reich sein“, was das ist und was es bedeuten kann. Super interessante Gespräche. Klar, sie sehnt sich nach einem Leben, ohne ständig jeden Pfennig umdrehen zu müssen. Ich versuchte ihr zu erklären, was der Preis für den Wohlstand in z.B. Deutschland ist. Und wie z.B. eine Reinigungskraft in einem deutschen Hotel im Akkord durch die zu reinigenden Räume düst, ohne Pause, ohne Ratsch, hektisch und schnell, dann am Abend, total kaputt von der anstrengenden Arbeit. Was eine Wohnung in München kostet, was man als ungelernter Arbeiter in München verdienen kann, was dann bleibt usw.
Mein eigentlicher Plan war ja, zum Playa Grande zu gehen, weil ich mir in der Früh ein super Licht zum fotografieren erhoffte und sicher nur ganz wenig Leute da sein würden, so früh. Aber so verging der Vormittag wie im Flug. Das Internet im ganzen Viertel fiel aus und mein kolumbianischer Handyvertrag hatte nur noch ganz wenig Datenvolumen. Daher ging ich wieder zu dem Shop ums Eck. Der aktuelle Mitarbeiter wollte aber mit dem schlecht spanisch sprechenden Gringo mit seien komischen Wünschen nichts zu tun haben und schickte mich ins Nirvana (zu einem anderen Geschäft 4-6 Ecken weiter), wo ich auch brav hin trabte, natürlich erfolglos. An einer riesigen Schar im Freien Bingo-spielender Tagangueros vorbei, das war ein lustiges Bild. Das ging bei denen noch stundenlang, ich hörte es bis ins Hostel.
Mittags ging ich dann runter zum Kiosko Nr 6 (eines der Restaurants) am Strand, weil es da Internet gab. Gönnte mir ein leckeres Menü und ein Bier und lies alle aktuellen Fotos in die Dropbox kopieren, sicher ist sicher…
Wenn man Fisch bestellt, dann kommt der Kellner immer mit einem Tablett, auf dem das ganze Fischportfolio liegt und man sich einen aussuchen kann.
Man muss wirklich sagen, Taganga ist schon sehr sympathisch, es ist wenig los, wenig Touristen sind jetzt da. Das war vor ein paar Tagen noch anders. Vermutlich sind alle in Palomino und Minca. Sehr gut, da hab ich hier meine Ruhe.
Nach der fetten Siesta am Abend wieder Tagang-Beach und zwei Bier auf der Mauer, die den Strandbereich von der Flanier- und Gustier-Meile abgrenzt. Da kommen dann zwei Jungs zu mir, die mich schon die ganze Zeit ins Visier genommen hatten. Sie lösten sich von einer Gruppe mit sicher 10-12 Jugendlichen, die auf einem der am Strand liegenden Booten abfeierten. Alle offensichtlich schon etwas betrunken. Einer der beiden meinte, er wäre ein bekannter Fußballspieler und spiele morgen auf einem Tournier in Taganga. Er habe kein Geld und will unbedingt ein Bier trinken. Ich weigerte mich meinen Geldbeutel rauszuziehen, vor allem, weil ich den Impuls hatte, das auf keinem Fall in diesem Moment zu tun. Beide wirkten recht runtergerissen, sprachen ein fast unverständliches Spanisch und auch noch so schnell wie eine MP. Es wurden immer mehr und an meinem „lauschigen Plätzchen“ wurde es mir dann doch zu ungemütlich. Ich stand auf und ging, gab dem, der mich zuerst angesprochen hatte noch meine Bierflasche, in der sich noch ein Mini-Rest befand, den er doch tatsächlich austrank. Die beiden, die mich zuerst angesprochen hatten, gingen mit mir mit, bis einer zum anderen sagte, „der hat eh keine Kohle“ und abdrehten. Nachdem die mich ja schon einige Zeit beobachtet hatten wussten sie sicher, dass ich das fette Handy in der Tasche hatte und das wollte ich mir nicht nehmen lassen. Daher ging ich nicht hoch zum Hostel, über die dunklen verlassenen Straßen, sondern setzte mich noch auf ein Bier in eines der Cabanas auf der Promenade und beobachtete die Umgebung, ob ich beobachtet wurde. Dem schien nicht so zu sein und ich verzog mich relaxt zurück ins Hostel. Ja, die ersten Tage ist man noch ein wenig nervös. Das legt sich dann mit der Zeit. Aber Vorsicht ist durchaus angebracht. Man kann schon dumme Sachen machen…
Ja, nicht viel passiert in Taganga 😊 es wird jetzt wirklich Zeit, mich von Taganga so langsam zu verabschieden. Daher hatte ich am Nachmittag für kommenden Sonntagmittag sowohl ein Hostel in Cartagena als auch die Busfahrt dorthin gebucht. Wieder mit der zwar saubequemen aber teuren und langsamen Linie, die quasi alle Hostels auf der Strecke abklappert. Der Vorteil war, ich konnte es im Hostel buchen und musste am Sonntag nicht erst mit dem Bus zum Busterminal und von da aus weiter. Klar, schneller wäre es mit dem normalen Bus und sicher auch unterhaltsamer. Aber ich hatte mich schon für die bequeme Variante entschieden.
Geplant sind nur zwei Übernachtungen in Cartagena und dann weiter nach Westen. Im Internet habe ich Berichte gelesen, dass im Nordwesten wieder Paramilitärs aktiv werden, das werde ich verfolgen. Denn, da geht’s tendenziell hin. Aber wenn das kritischer wird, dann schaue ich, dass ich vorher „links abbiege“ nach Medellín und von dort aus geht’s runter an die Pazifikküste.
Aber wenn es ruhig ist, ich hätte locker noch viel Zeit, um auch die Grenze zu Panama zu besuchen. Soll doch so superschön sein da. Mit dem Boot rüber und vielleicht geht’s von da aus auch mit dem Flugzeug nach Medellín, denn, es gibt da einen kleinen Flugplatz. Auch wenn mir berichtet wurde, dass es da nur ums Abfeiern ginge. War vielleicht einfach Pech, nur eine isolierte Erfahrung und nur gerade die falschen Leute da.