Bin mit ML (Tia Luisa) und Jo nach Santa Marta. Der Jo war mit seiner RIESIGEN Kamera und dem noch RIESIGEREN Objektiv die ganze Zeit am fotografieren. Alle Leute waren entzückt, wenn sie als Motiv in Frage kamen. Jo nutzte alle sich ihm bietenden Möglichkeiten. Spontan entschloss ich mich, die Dienstleistung eines Friseurs in Anspruch zu nehmen, welcher mich über die Straße einlud mit den Worten „a la orden“, wie man es immer zu hören bekommt. Egal ob man an einem Marktstand vorbeikommt, ob es aus einem Geschäft einladend schallt oder man es von einem Taxifahrer zugerufen bekommt. Immer heißt es „a la orden“ (zu Diensten).Immer wieder, wenn mich ein junges und wunderschönes Mädchen auf der Straße so anspricht (zu Diensten) dann komme ich ein wenig ins grübeln ;-).
Der Friseur machte eine wirklich gute Arbeit! Wenn ich allerdings öfters zu ihm gegangen wäre, dann hätte ich ihm sicher mal eine neue Schere geschenkt, denn, die zupfte irrsinnig… Aber es hat Spaß gemacht, auf dem uralten Friseurstuhl im ein wenig herunter gekommenen Salon neben den alten Herren zu sitzen, zwischendrin sprang der Jo mit seiner riesigen Kamera hin und her und nutzte die zahlreichen Spiegel für ungewöhnliche Perspektiven.
Wir machten einen laaaangen Rundgang kreuz und quer durch den Markt. Es ist ein typischer Markt, wie man ihn wohl in jeder Küstenstadt der Karibik findet. Es gibt eine Vielzahl an Gerüchen, optischen Eindrücken und das ganze unterstrichen durch das laute Anpreisen der Waren durch die Verkäufer. Es wurde eine exotische Auswahl an Früchten offeriert, dazu alle möglichen Fische und natürlich auch Fleisch, welches genauso wie die Fische ungekühlt und teilweise sogar ungeschützt von der Sonne an den Verkaufsständen lag. Die Stände sind vor der Sonne meist durch aufgespannte Planen geschützt, aber nicht immer. Die Planen hingen teilweise leider so tief, dass ich ständig fast gebückt gehen musste.
Der Jo war natürlich jedes Mal im Hauptfokus der Leute und bewegte sich ganz ohne Angst und sehr relaxt mit seiner riesigen Kamera durch das Marktgewurle. Ich denke, ein Grund warum sie ihm die Kamera nicht abgenommen haben ist, dass diese schon wieder so groß ist, dass recht einfach zu erkennen ist, dass es sich um ein Profigerät handelt. Die wäre zum einen nicht so leicht verkäuflich, zum anderen stand er quasi immer im Hauptfokus der umstehenden Passanten und war somit nie unbeobachtet. Wäre er überfallen worden, dann hätten das immer mehrere Zeugen beobachtet. Sicher hätte er auch SOFORT seine Helfer gehabt. Natürlich hat er durch die ständige Präsenz und Einsatzbereitschaft immer supergeile Fotos gemacht.
Wir haben dann in einem sehr kleinen Restaurant gegessen, das sich in einer belebten Nebenstraße östlich des Marktes befand. Das Essen war sehr günstig. Es gab gebratenes Fleisch, frittierte Kochbananen, Reis und (wie praktisch immer) Sancocho zur Vorspeise. Ich bestellte mir als Hauptgericht nur eine Schüssel Sancocho (Suppe), in der wie üblich, große Stücke gekochtes Rindfleisch wabberten. Dazu gab es eine wirklich extrem süße Limonade, die nach Tamarinde schmeckte. Es befanden sich offensichtlich sehr einfache Leute im Lokal. Ein kleines Mädchen saß am Tisch gegenüber, sie war wohl die Tochter des Besitzers. Sie musterte uns die ganze Zeit und schenkte uns immer wieder ihr süßes Lächeln.
Die Tia Luisa (ML) wollte unbedingt noch in ein Reisebüro, um sich für Touren in den Tayrona-Park zu erkundigen. Daher gingen wir tendenziell wieder in die Richtung der Kathedrale. Unterwegs erkundigten wir uns immer wieder nach der Richtung. Schließlich schlug ich vor, in einer Eckkneipe in der Calle 15 ein Bier zu trinken. Wir ließen uns in der durchaus gut frequentierten und wirklich sehr belebten Kneipe mit integriertem Kiosk (Anmerkung ML: und einem Extraraum mit Spielautomaten sowie einem kleinen zusätzlichen Raum), im Eingangsbereich an einem Tisch mit drei Stühlen nieder und bestellten uns jeder ein Bier. Da ergab sich eine mir aus Peru wohl bekannte Situation. Einer der anwesenden Gäste kannte sich wirklich super aus mit den deutschen Fußballern, der deutschen Nationalliga und sogar der Bundesliga. Das ist wahrlich nicht mein Spezialgebiet, um es vorsichtig auszudrücken. Ganz offen, weder interessiert mich das Thema noch habe ich einen Schimmer von Ahnung von Fußball. In solchen Situationen wird mir dann immer wieder klar, dass es, aus „taktischen Gründen“, durchaus Sinn machen würde, sich wenigstens etwas mit dem Thema zu beschäftigen oder zumindest ein paar Namen auf Lager zu haben. Aber nicht mal das hatte ich, zumal mein Namensgedächtnis auch nicht gerade zu meinen großen Stärken zählt. Und schon gar nicht wenn es mich nicht interessiert. Jedenfalls brillierte der gute Jorge sicher eine Stunde mit seinen Fußballkenntnissen und ich nickte immer wieder freundlich. So nebenbei erzählte er, dass er früher beim Militär war. Sein Gesicht ließ den Rückschluss zu, dass er da sicher so einiges erlebte oder zumindest zu sehen bekam… Bedingt durch einen Arbeitsunfall, der ihn körperlich sehr stark einschränkt, wäre er jetzt nicht mehr dienstfähig und kämpft gerade erbittert um eine Abfindung, erzählte er. Aber er demonstrierte sofort, dass er glücklicherweise immer noch gut tanzen könne. In diesem Moment dachte ich mir, jetzt kommt’s gleich…. Es geht ja im Endeffekt doch nur immer ums Geld. Aber es kam nicht. Er erzählte nur immer weiter und immer mehr. Dass er früher sehr viel getrunken habe, jetzt ein 1 ½ jährige Tochter habe und daher sein Leben umgestellt habe. Er erzählte und erzählte, aber zog sich auch immer wieder zurück. Somit war er eigentlich gar nicht aufdringlich. Er war freundlich und offen. Das Gesicht mit seiner warmen und herzlichen Ausstrahlung habe ich noch immer gut im Bild.
Die Tia Luisa hörte auf der Toilette eine kurze aber geballte Ladung an Salsa. Die hörten wir zwar die ganze Zeit, aber am lautesten wohl interessanterweise auf der Toilette. Vielleicht um bestimmte Geräusche zu überdecken. (Fast wie bei den Japanern…) Das war genug, damit sie wieder ihr „Zucken und Rucken“ bekam. Das war gut ersichtlich als sie von der Toilette, durch den Nebenraum wieder zurück zu uns kam. Der Nebenraum war besetzt mit älteren Herren, die uns immer wieder unauffällig aber aufmerksam musterten (Anmerkung ML: … wie die beiden Herren in der Muppetshow auf dem Balkon). Den Herren entging natürlich das „Zucken und Rucken“ nicht und einer von ihnen forderte ML zum Tanz. Klar, wenn’s um das Tanzen geht, lässt sich Tia nicht lumpen, da war sie sofort dabei, zur Begeisterung aller Anwesenden. Tia war glücklich, der galante Herr der sie betanzte war glücklich, alle Anwesenden waren glücklich, scheee wars!
Inzwischen wurde es später Nachmittag. Der Jo ist derweilen drinnen und draußen rumgeturnt und hat ein Foto nach dem anderen gemacht. Ob älterer Losverkäufer, zufällig vorbeigehender Passant, niemand war sicher vor ihm. Dabei lernte er die Merlis auf der Straße kennen. Sie ist mit ihren Freunden in der Nähe der Kneipe, in der wir saßen, auf der Straße gesessen und hat geratscht und Bier getrunken. Wir fragten sie vorher nach dem Weg zum Reisebüro und sie fanden es lustig, dass wir es nur ein paar Meter weiter geschafft hatten bis zur Kneipe. Wir zogen dann um von der Kneipe raus auf die Straße zur „Merlis-Gang“. Immer und immer wieder holten wir abwechselnd eine Runde Bier. Der Jo hat sowohl gut mitgetrunken als auch fotografiert. Zum Beispiel ein total langes und superschlankes Mädel, das alle nur „Olivia“ (Popeye) nannten. Es wurde immer lauter und lustiger. Die Leute sind gekommen und gegangen, haben sich dazu gesetzt oder sind nur kurz stehen geblieben. Irgendwann sind dann zwei Freundinnen von der Merlis vorbei gezogen. Zwei rundum körperlich recht üppig ausgestattete, offensichtlich aus Santa Marta stammende, Mädels. Beide waren „recht gut drauf“ vom nachmittäglichen Abfeiern. Eine steckte, im vorbeigehen, dem Jo ihren Lolli in den Mund. Das war schon ziemlich lustig, wie der Jo so verdutzt schaute und alle lachten. Aber im Laufe der Zeit musste ich auch noch dran glauben. Plötzlich hatte ich den Lolli im Mund und die gute Marga schleckte mir mit ihrer riesigen Zunge von unten nach oben über das Gesicht. Angetrunken wie ich war, entgegnete ich nur: „ Ay que rico…“ Alle bogen sich vor Lachen. Es ging in diesem Stil noch so einige Zeit weiter, da fiel uns ein, dass die Katrin ja heute groß kochen wollte. Wir mussten unbedingt so langsam tendenziell in Richtung Taganga. Das war aber gar nicht so einfach! Immer wieder stand ein neues Bier da oder ein anderer Umstand verhinderte, dass wir endlich losziehen konnten. Tia Luisa zog mit der Merlis los, um ein Medikament gegen ihren hartnäckigen Schnupfen zu kaufen. Ist wieder gekommen mit einer Runde dieser leckeren „Fettbällchen in Fettkruste heraus gebacken in Fett“ wie Jo immer zu sagen pflegte. So gegen 20:00 Uhr schafften wir dann endlich den „Loslösungsprozess“. Schnell waren wir in Taganga, die Fahrt dauert ja nur circa 10 oder 15 Minuten. Katrin und Jörg warteten schon. Mit dem Andre zusammen hatte sie eine herrliche Fischpfanne gezaubert. Es war noch ein superleckeres Abendessen mit viel Ratsch über den erfüllten Tag.