Donnerstag – 110324 verhinderte Fahrt nach Porto Narino zu den Delfinen. Gang nach Tabatinga Brasilien
Ich wachte bereits um 06:00 auf. So gegen 06:45 begann es plötzlich zu regnen. Diese Regen in Amazonien sind wirklich wie Schwallduschen beim Saunagang, nur nicht so kalt. Es hörte diesmal leider überhaupt nicht mehr auf. Eigentlich wollten wir ja gegen 07:00 an der Anlegestelle in Leticia sein, um mit einem schnellen Motorboot die 1 1/2 Stunden nach Porto Narino zu fahren, wo es Lagunen mit Delfinen gab. Das Wetter war nicht danach… Tatsache war, wir wären nach den ersten Metern auf dem Weg zum Hafen pitschnass gewesen, denn es regnete wie aus Kübeln! Die Vorstellung, bei schneller Geschwindigkeit, im Fahrtwind, pitschnass durch den Regen zu fahren, das war auch nicht gerade eine erbaulich Vorstellung. Ich kannte ja das Boot nicht. Hatte mich für alle Eventualitäten vorbereitet und einen zweiten Satz Kleider in Plastiktüte dabei, sowie alle nässeempfindlichen Dinge ausgepackt oder ebenfalls wasserdicht verpackt.
So kurz vor 10:00 lies der Regen etwas nach und als ich kurz aus dem Zimmer sah, da winkte der Jo. Ich ging hin und er meinte, dass es eine coole Idee wäre, jetzt zum Frühstücken zu gehen. Der Jörg war leider schon weg und hat mir nicht Bescheid gegeben, da er das Boot um 10:00 Uhr erwischen wollte, von dem er zu wissen glaubte. Natürlich wäre ich da gerne mitgefahren. Diese Situation ist mir vom Tayrona-Park her in anderer Besetzung bekannt vorgekommen… Aber man ist ja flexibel.
Dann ging es erst mal zum Frühstücken mit dem Jo. Das kolumbianische „Brot“ ist auf die Dauer, für einen „brotverwöhnten“ Deutschen, nicht ganz so leicht zu ertragen. Aber wenn man Hunger hat… Und der Kaffee ist in der Regel recht lecker. Voraussetzung ist, man bestellt sich nicht "cafe con leche", denn, das ist fast nur Milch mit einem Schuss Kaffee.
Der Jo wollte ins Hostal zurück, ich ging zu Fuß los in die Richtung Tabatinga. Ich wollte unbedingt nach Brasilien rüber und dort an den Amazonas. Dort würde keine Insel direkt vor dem Ufer (wie in Leticia) die Breite des Amazonas reduzieren, so dachte ich. In diesem Dreiländereck Kolumbien, Brasilien und Peru liegen alle Länder sehr nahe beieinander. Theoretisch könnte man problemlos mit dem Boot alle drei an einem Tag besuchen.
So ging ich auf der nassen Straße im Zickzack in die von mir vermutete Richtung. Tatsächlich bin ich nach circa einer ¼ Stunde zur Grenze gekommen. Da werden Autos, Motorräder und Fußgänger einfach durchgewinkt. Ich fragte noch einen der anwesenden Polizisten, ob ich da irgendwas brauchen würde oder machen müsse, aber der verneinte. Es gibt keinerlei Einreise/Ausreiseprozedere oder Stempel. Da geht man einfach so über die Grenze und wieder zurück. Natürlich hatte ich vorsichtshalber meinen Originalpass dabei, da man ja nie wissen kann was passiert. Sonst hatte ich immer nur eine Kopie dabeii und den Personalausweise. Der Personalausweis hatte eigentlich immer gereicht, wenn ich dazu aufgefordert wurde, meine Identität nachzuweisen.
Auf einer sehr langen vierspurigen Straße, mit einem Bäumchen besetzten Mittelstreifen, ging es von der Grenze weg nach Brasilien rein. Es war recht kräftiger Verkehr, es schien die Hauptstraße zu sein, gesäumt von allerlei Geschäften. Die Musik änderte sich, das war als erstes spürbar von Brasilien. Plötzlich tönte aus den Kneipen Forro und brasilianische Klänge. Manchmal Chicha, aber keinerlei Cumbia oder Vallenato war zu hören. Denke dass sich das an der Grenze überschneidet.
Irgendwann bog ich dann mal rechts ab und ging wieder ewig an allerlei Geschäften vorbei, die eigentlich alle das gleiche anboten. Hawaiianas (FlipFlops), Shorts, T-Shirts, Tourikram und so. Aber praktisch nirgendwo waren Kunden zu sehen. So war ein Geschäft neben dem anderen, aber, keine Kunden. Ich fragte mich, wie die überleben können. Vielleicht gibt es sowas wie eine Saison, in der dann kolumbianische Touries diese Gegend entern und davon würden die Geschäfte dann überleben, anders war das ja nicht zu erklären.
Irgendwann endete die Straße, ich kam langsam wieder in die Richtung Amazonas. Es ging halb links, die Gegend wurde wieder lebendiger. Ich war am Markt. Das konnte man gut riechen. Es roch nach vergammelten Fisch und Fleisch, wie es am Markt in tropischen Ländern gerne mal riecht. Am Markt vorbei ging es zum Anlegesteg in Tabatinga. Zahlreiche kleine und größere Boote „wurlten“ im Wasser rum, wurden be/entladen. Die Boote waren meist ausgestattet mit langen Außenbordern, bei denen einfach die Kurbelwelle circa 2-3 Meter verlängert war und am Ende eine Schiffsschraube rotierte. Sie versuchten Wasser an die Schraube zu bekommen, um sich aus der Vielzahl von Booten raus auf den offenen Fluss zu stemmen. Dabei aber kein Holz oder keine von den zahlreichen im Wasser schwimmenden Pflanzen in die Schraube zu bekommen. Regelrechte „Fechtkämpfe“ wurden mit den langen Wellen und den Schrauben am anderen Ende ausgetragen.
Ich sah dann ein wenig weiter flussabwärts diese großen „Fizgeraldo-Boote“ stehen und wollte da hin. Direkt ging das aber nicht, da führte kein Weg, sondern nur supermatschige und steile Uferböschung. Also ging ich außen rum, erst mal eine laaange Straße hoch wieder mit den ganzen Havaiiana/Shorts-Geschäften. Nur in Hafennähe hatten sich einige wenige Geschäfte offensichtlich auf die Bedürfnisse von den Leuten eingestellt, die weitab der Zivilisation irgendwo an einem der zahlreichen Seitenarme des Amazonas leben. Öl, Fleisch in Dosen, Konserven, Planen und solcherlei Dinge gab es da im recht übersichtlichen Sortiment zu kaufen.
Dann ging es wieder rechts, an einer Kaserne vorbei. Aber hinter der Kaserne ging es nicht zurück ans Wasser, wie mir ein Schuljunge auf Portugiesisch erklärte. Ich hatte langsam von der Hatscherei in der Hitze genug. Machte mich langsam auf dem Rückweg. Später auf der Karte ist mir dann schon klar geworden, warum ich so kaputt war, denn, ich bin so ziemlich im ZickZack rumgelaufen und das sind zusätzliche Kilometer in der Hitze.
An der Anlegestelle in Tabatinga bin ich noch lange stehen geblieben und habe dem Treiben zugesehen.
Ich versuchte dann am Fluss entlang zurück nach Leticia zu kommen, was mir aber nicht gelang. Ich landete wieder an dem mir bereits bekannten „Grenzübergang“. Schuld daran ist ein kleinerer Zufluss des Amazonas, wie ich später auf der Karte sehen konnte.
Zurück in Leticia kaufte ich mir am Hafen Avocado, Bananen, Papaya, Limetten und eine Frucht deren Namen ich vergessen habe, um die dann im Hostal aufzuessen, denn ich hatte recht ordendlich Hunger inzwischen. Avocados sind recht teuer. 3000 Pes die große, 2000 Pes die kleine. Am günstigsten sind noch die Bananen. Auch die Papaya kostete 1000 Pes. OK, so eine würde in München sicher 7 – 10 Euro kosten…
In Leticia hatte ich mich dann doch noch ein wenig verlaufen. Vermutlich die Dehydrierung und die stundenlange Sonne auf dem Kopf ohne Hut bewirkten, dass meine Konzentrationsfähigkeit nicht mehr die war die sie sonst ist. Als ich einen Polizisten nach dem Weg fragen wollte und dafür die Straße überqueren wollte, da übersah ich ein heranrasendes Motorrad, welches nicht mal hupte. Das war dann richtig knapp gewesen… .
Zurück im Hostal habe ich mich sofort über die Früchte gemacht. Weder Jörg noch Jo waren da, bzw. ich merkte nicht dass der Jo schlief. Als ich Mineralwasser von der Hostalbesitzerin kaufen wollte und mir gleichzeitig einen Löffel ausleihen wollte, da meint sie, dass es kein Mineralwasser zu kaufen gäbe, da das Leitungswasser gut trinkbar wäre. Sie brachte mir auch gleich einen Ladung in einem Krug, frisch gekühlt aus dem Kühlschrank. Ich hatte solchen Durst, eine von der Sonne verbrannte Birne und probiere das Wasser wie ferngesteuert, trank in einem Zug ein Viertel aus. Da schmeckte ich das viele Chlor und habe glücklicherweise den Rest nicht getrunken.
Nach dem Essen gab es erst mal Siesta. Gegen 17:00 bin ich dann zum Hafen in Leticia, setzte mich an das Ufer der Anlegestelle und beobachtete dort lange das Treiben und den Sonnenuntergang.
Abends mit Jörg zur „Hafenkneipe“ mit Chicha-Musik auf Wunsch und supernetten und recht hübschen Bedienungsmädel
Freitag – 110325 – Fahrt nach Santa Rosa in Peru
Wache bereits um 06:00 Uhr auf. Mein Kopf war knallrot von der Sonne am Vortag. Ich hatte die letzten Tage viel zu wenig gegessen. Gestern nur Früchte vom Markt. Es ging mir aber nichts ab, ich fühlte mich gut.
So kurz nach 07:00 waren zahlreiche Schüsse zu hören. Keine Ahnung was das war. Später wurde mir erklärt, dass das Übungehenn der Polizei oder des Militärs gewesen wären. Erwähnenswert in diesem Zusammenhang, das Hostal los Delfines liegt in einer Zone die extra geschützt ist, da sich hier auch die Polizei und der Grenzschutz befindet. Da stehen an jeder Ecke junge Soldaten mit recht beeindruckenden Gewehren rum.
Es ging dann mit Jörg und Jo zusammen nach Peru, um dort eine Familie zu besuchen, die Jo drei Tage vorher in ihrer Hütte fotografierte. Er hatte einige der Fotos ausdrucken lassen (was gar nicht so einfach war) und wollte die Bilder jetzt der Familie schenken . Ich habe erst mal (vermutlich vom Wasser gestern) eine Runde auf „Durchlauferhitzer“ auf der Toilette gemacht. Das war tatsächlich das erste Mal diesen Urlaub dass es mich so kräftig ausgeräumt hatte. Mir wurde es auch recht schwummrig und ich fing zu zittern an. Aber ich wollte unbedingt mit.
Peru ist nicht weit. Dazu muss man nur am Hafen in Leticia ein Boot besteigen, 3000 Pes löhnen und los geht’s in 10 Min über den Amazonas nach Santa Rosa in Peru. Auf dem Wasser trieben kleine Inseln aus grünen Pflanzen bis zu ganzen Palmen. Einmal rumste es ganz nett als das Boot direkt auf einen im Wasser treibenden und fast unsichtbaren Stamm einer Palme auffuhr, gleich anschließend ein zweites Mal, als der Motor, den der Skipper offensichtlich nicht schnell genug aus dem Wasser hochreißen konnte, gegen das Holz krachte. Aber es schien alles dran geblieben zu sein, die Fahrt ging problemlos weiter. Jedenfalls verstanden wir dann, warum wir so nachdrücklich Schwimmwesten anlegen sollten.
Drüben in Santa Rosa angekommen, da bot sich ein deutlich beschaulicheres Bild als in Leticia oder Tabatiga. Am Ufer eine Vielzahl an kleinen, teilweise überdachten Schiffen, die offensichtlich die Verbindung zu den nahen Orten sowie nach Leticia du Tabatinga herstellten. Auch eines dieser RIESIGEN Transportschiffe wurde gerade be- und entladen. Es ging in Richtung Iquitos wurde mir auf Nachfrage erklärt. Ständig wurde Frachtgut rein oder rausgetragen. Wir gingen an zahlreichen kleineren und größeren Geschäften, Restaurants und „Grillständen“ vorbei in Richtung Westen. Wenn ich Fotos machte, dann viel mir meine zitternde Hand auf. Ich konnte meine Hand nicht ruhig halten, so dass ich befürchtete, dass möglicherweise die Fotos nichts werden würden.
Dann, nach circa 500 Metern, ging es rechts weg, einen recht bazigen Weg, an der Schule vorbei, immer schlammiger, feuchter und auch schmutziger wurde es. Mit meinen Schlappen konnte ich nicht mehr Schritt halten, denn, der enorm schmierfähige Schlammfilm zwischen Hawaiiana (FlipFlops)und Fuß behinderte das Fortkommen enorm. Jo und Jörg hatten vernünftigerweise Turnschuhe an, die jetzt natürlich super dreckig waren aber für mehr Grip sorgte.
Die Häuser lagen alle auf langen Stelzen, vermutlich um sich vor öfter auftretendem Hochwasser zu schützen. Ähnlich scheint auch die Müllabfuhr in den ärmeren, weiter hinten liegenden Gebieten zu funktionieren. Es wird einfach alles unter und um das Haus geschmissen, die nächste Flut wird es dann schon wegspülen… Ich möchte es nicht verurteilen, aber, schön sieht es nicht aus. Denke aber, dass die Bewohner dieser Gebiete eher ganz andere Probleme haben, die im Level noch deutlich tiefer liegen.
Schließlich landeten wir bei den beiden Häusern dieser Familie, die Jo und Jörg besuchen wollten. Leider war der Vater nicht da. Nur er junge Sohn mit Frau und kleinem Kind begrüßt uns freundlich. Die Tüte Bonbons freute ihn, ebenfalls die Fotos. Schließlich führte er uns einen Weg auf die andere Seite der Insel, an dessen Ufer der Vater sich beim Fischen befand. Das laut gequake zahlreicher Frösche und Kröten war zu hören. Eine unglaubliche Anzahl winziger und sehr agiler Ameisen waren praktisch über den ganzen Weg beschäftigt, meine Füße zu entern. An verschiedenen Stellen wurde Yucca und Mais angebaut. Ansonsten war es übermannshoher Schilf durch den wir gingen. Am anderen Ende der Insel trafen wir den Vater mit Frau und Tochter und zahlreichen Hunden. Die Hunde waren offensichtlich von einem Heer Flöhe geplagt, jedenfalls waren die sich nur am Kratzen. Interessant war die Reaktion auf die Fotos die Jo ihnen schenkte. Zum einen hätten die laminiert gehört, da sie sich sicher durch Klima und das viele „in die Hand nehmen“ recht schnell auflösen würden. Zum anderen wirkten sie eher verdutzt und wussten nicht so recht was sie damit anfangen sollten. Es gab in dem Haus sicher auch keinen so richtigen Platz für die Papiere, auf denen die Fotos gedruckt waren. Ich denke eine Hake, ein Spaten oder ein Netz wären vermutlich ein besseres Geschenk gewesen. Aber so prallten zwei Welten zusammen…
Der Sohn der uns zum anderen Ende der Insel führte schenkte uns noch zwei Papaya, die er frisch pflückte.
Wir gingen dann so langsam zurück. Jörg und Jo haben sich dann an einem der Stände vor diesem riesigen Schiff nach Iquitos an einem der mobilen Grills noch was zu essen gekauft. Ich habe für Bier gesorgt. Wir waren in Peru, also kaufte ich „Pilsen Callao“. Das hatte ich schon lange nicht mehr getrunken. Eine Marke die in Lima Peru gebraut wird und eigentlich recht gut schmeckt. Besser schmeckt „Cusquenia“, aber davon hatte er nur noch eine Flasche. Wenn ich gleich geschnallt hätte dass es sich um 650 ml Flaschen handelt dann hätte ich vermutlich was anderes gekauft und mich auch über die 4000 Pesos pro Flasche nicht gewundert. Im ersten Moment dachte ich „precio de gringo“… War aber nicht so. War dann auch reht viel für Mittags… .
In einem Hostal mit kleinem Geschäft und Billard-Salon nahmen wir Zuflucht vor dem wieder einsetzenden Regen. Da saßen wir dann noch so eine halbe Stunde, ratschten. Den Juan-Carlos, unseren Skipper, den trafen wir dann auf dem Rückweg. Er grüßte freundlich, ich zurück, aber ich hatte ihn nicht erkannt. Sein Boot ankerte jetzt an einer anderen Anlegestelle, hinter dem Restaurant in dem ich das Bier gekauft hatte. Wir enterten das Boot und schon ging es zurück über den Amazonas. Die Schraube des Außenborders verfing sich noch in ein Seil, welches als Treibgut im Fluss schwamm, aber es war kein Problem. Er konnte das Seil schnell entfernen. Ich erinnert mich meiner Tour im Tambopata Nationalpark, als wir die Schraube unseres Außenborders verloren und erst mal recht hilflos in der starken Strömung eines der Zuflüsse des Rio Manú durch die Büsche des angrenzenden Waldes schrammten. Da hatte der Skipper glücklicherweise eine Ersatzschraube dabei, denn, auch schmale Flüsse oder Bäche im Amazonasgebiet sind oft sehr tief. Da taucht man nichts so leicht wieder raus.
Mit Juan-Carlos machte ich dann für nächsten Tag noch eine Tour aus und schon waren wir wieder im Hostal.
Jo und Jörg mussten zum Flugzeug. Es ging für die beiden zurück nach Bogota.
Ich spürte immer mehr das Rumoren in meinem Verdauungstrakt, es hörte sich an wie ein aufziehendes Gewitter. Machte mir nicht gerade Freude…
Am Abend ging ich lange durch die Straßen in Leticia. Alles was Beine oder Räder hat war auf der Straße. Ein unglaublicher Verkehr für eine so kleine Stadt.
Blieb dann an der Kneipe am Hafen noch ein wenig hängen, das war es schon.